Der türkische Präsident Abdullah Gül hat am Sonntag öffentlich seinen Verzicht auf eine Kandidatur für eine weitere Amtszeit erklärt. Sein Mandat endet am 28. August. Die regierende Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) will am Dienstag ihren Kandidaten nominieren.
Allgemein wird damit gerechnet, dass sie Regierungschef Recep Tayyip Erdogan ins Rennen schicken wird. Nach drei Amtszeiten darf der ebenso beliebte wie umstrittene Politiker nicht erneut Regierungschef werden. Die Wahl ins Präsidentenamt würde es Erdogan jedoch erlauben, weiter an der Spitze des Landes zu bleiben.
Das Amt, das der AKP-Mitbegründer Gül seit 2007 innehat, wurde bislang vom Parlament besetzt. Nach einer Verfassungsreform wird der türkische Staatschef am 10. August jedoch erstmals vom Volk bestimmt. Dies könnte dem Posten, der bislang eine vorwiegend repräsentative Funktion hatte, deutlich mehr Gewicht verleihen.
Erdogan hat gute Chancen
Einer Umfrage des Genar-Instituts zufolge könnte Erdogan die Wahl bereits in der ersten Runde mit 55,2 Prozent gewinnen, so dass keine Stichwahl nötig wäre. Sein wichtigster Herausforderer, der islamische Gelehrte und Diplomat Ekmeleddin Ihsanoglu, der am Sonntag von der Opposition nominiert wurde, gilt als wenig charismatisch und kann laut der Umfrage nur mit 35,8 Prozent rechnen.
Als Präsident dürfte sich Erdogan stark in die Tagespolitik einmischen. Der Staatschef werde künftig nicht allein fürs Protokoll da sein, sondern «einer, der schwitzt, herumrennt, hart arbeitet», sagte Erdogan bereits im April, nachdem die AKP die Kommunalwahlen im März klar gewonnen hatte.