Während gestern noch die Zeichen in Kiew auf Eskalation standen, macht sich heute Ernüchterung breit. Seit 19 Tagen harren die Demonstranten in der Kälte aus, doch bewegt hat sich bisher kaum etwas.
Die Barrikaden im Regierungsviertel wurden in der Nacht weitgehend entfernt. Die Sicherheitskräfte hatten in den frühen Morgenstunden Regierungsgegner vor dem Sitz des Präsidenten im Zentrum der Hauptstadt vertrieben. Sie setzten Schlagstöcke ein.
Nach Angaben der oppositionellen Freiheitspartei wurden mindestens zehn Demonstranten verletzt. Mehrere von ihnen hätten gebrochene Arme oder Beine, sagte ein Abgeordneter der Nachrichtenagentur AFP. Nach Angaben der Behörden wurden auch zwei Polizisten verletzt.
Gespräche in Brüssel
Im Bemühen um einen Ausweg aus der dramatischen politischen Krise traf sich Janukowitsch mit seinen Amtsvorgängern Leonid Krawtschuk, Leonid Kutschma und Viktor Juschtschenko. Im Anschluss verurteilte er Aufrufe zur Revolution aus den Reihen der Opposition als «Bedrohung für die nationale Sicherheit».
Dennoch zeichnet sich ein Hoffnungsschimmer ab. Janukowitsch kündigte an, eine hohe Delegation werde vermutlich am Mittwoch zu Beratungen mit der EU-Kommission nach Brüssel reisen. Mit welchem genauen Auftrag und Ziel die Delegation nach Brüssel reisen soll, blieb allerdings offen.
Ukrainische Machtprobe – die Akteure
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Bild 1 von 9. Viktor Janukowitsch ist seit 2010 Staatspräsident der Ukraine. Er betont stets, dass eine Anbindung an die EU gewünscht sei. Stattdessen bindet er sich vermehrt an Moskau. Mit Demonstrationen hat er keine guten Erfahrungen gemacht. 2004 war er bereits als Wahlsieger proklamiert, bis ihn die Proteste der «Orangenen Revolution» das Amt kosteten. Bildquelle: Reuters.
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Bild 2 von 9. Ministerpräsident Nikolai Asarow ist wie Staatspräsident Viktor Janukowitsch Mitglied der Partei der Regionen. Der Regierungschef wird von den Demonstranten für das Scheitern des EU-Abkommens auf dem Osteuropagipfel verantwortlich gemacht. Ein Misstrauensvotum gegen ihn im Parlament scheiterte jedoch. Bildquelle: Keystone.
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Bild 3 von 9. José Manuel Barroso steht als Vertreter der EU in dem Konflikt. Die EU hat mit der Ukraine Beitrittsverträge verhandelt, die Präsident Janukowitsch mit seiner pro-russischen Haltung torpediert hat. Barroso hat angeboten, im blutigen Machtkampf zu vermitteln. Bildquelle: Keystone.
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Bild 4 von 9. Russlands Präsident Wladimir Putin verfügt über einen erheblichen Einfluss auf die Politik der Ukraine. Denn: Die Ukraine ist abhängig von russischen Gaslieferungen. Moskau ist ausserdem Kiews wichtigster Handelspartner. Putin fürchtet durch eine Annäherung der Ukraine an die EU einen erheblichen Machtverlust. Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 9. Auch die Weltmacht USA mit Präsident Barack Obama kann die Augen vor den Geschehnissen in der Ukraine nicht mehr verschliessen. Die Regierung Obamas hat Viktor Janukowitsch aufgefordert, die tödlichen Strassenschlachten zu beenden. Andernfalls drohen Sanktionen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 6 von 9. Boxweltmeister Vitali Klitschko ist Vorsitzender der Partei Ukrainische demokratische Allianz für Reformen. Er kritisiert den pro-russischen Kurs und fordert EU-Sanktionen gegen die Regierung Janukowitschs. Der 42-Jährige ist einer zentraler Redner der Opposition und gewinnt zunehmend an Einfluss. 2015 will er als Präsidentschaftskandidat antreten. Bildquelle: Keystone.
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Bild 7 von 9. Die frühere Ministerpräsidentin Julia Timoschenko ist im Oktober 2011 zu einer siebenjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Die Anklage stützte sich auf den Missbrauch öffentlicher Gelder und Amtsmissbrauch. In einem Schreiben fordert sie die Opposition zum Widerstand gegen die Regierung Janukowitschs auf. Bildquelle: Keystone.
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Bild 8 von 9. Arseni Jazenjuk ist Ex-Aussenminister und Mitglied in Timoschenkos Vaterlandspartei. Er gilt als einer der Oppositionsführer. Bildquelle: Keystone.
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Bild 9 von 9. Oleg Tiagnibok (links) ist Chef der rechtspopulistischen Swoboda-Partei (Freiheitspartei). Er gilt als einer der Oppositionsführer, der mit Vitali Klitschko (rechts) zwar zusammenspannt, aber andere Interessen vertritt. Die Freiheitspartei vertritt nach Meinung viele Beobachter auch rechtsextreme Positionen. Bildquelle: Keystone.