Die Gespräche mit dem ukrainischen Präsident Petro Poroschenko dauerten bis spät in die Nacht. An den Positionen hat das nicht viel verändert. Kiew zieht es nach Westen, die ukrainische Unruheregion will sich an Russland anschmiegen.
Grundsätzlich soll am Minsker Abkommen festgehalten werden. Dieses beinhaltet eine andauernde Waffenruhe, sowie den Abzug von Artillerie und fremden Truppen.
Putin ist zumindest kurzfristig in einer Position der Stärke.
Für SRF-Korrespondent Christoph Franzen steht fest, auch das für heute geplante Gespräch zwischen Angela Merkel, François Hollande und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin wird kaum zu einer nachhaltigen Waffenruhe führen. Ausser ihrem Appell an Putins Verantwortung haben die beiden europäischen Staatsoberhäupter auf ihrer Friedensmission nicht viel im Gepäck.
«Dagegen befindet sich Putin zumindest kurzfristig in einer Position der Stärke», erklärt Franzen im Gespräch. Putin wird mit einem eigenen Friedensplan aufwarten, ist er überzeugt. Nur wird dieser andere Akzente setzen, als sie Merkel und Hollande vorschweben dürften.
Der Kreml-Führer wird für eine Friedenslösung plädieren, bei der Poroschenko der Verlierer wäre. Die abtrünnige Region Donbass sollte nach Putins Auffassung in der Ukraine verbleiben, erhält aber einen Status maximaler Autonomie. Im Klartext: Kiew berappt den Wiederaufbau der vom Konflikt zerlegten Region, politischen Einfluss indes kann sie sich abschminken. Und damit nicht genug.
Wichtiges zur Ukraine
Putin wird seine Stärke dazu nutzen, weitere Zugeständnisse vom bedrängten Ukraine-Präsidenten einzufordern, ist Franzen überzeugt. Was zuoberst auf Putins Wunschzettel stehen dürfte, ist eine Verzichtserklärung für den Nato-Beitritt des Landes. Und er wird verlangen, dass Poroschenko auf seinem Annäherungskurs an die Europäische Gemeinschaft verstärkt russische Interessen zu berücksichtigen hat.
Gefahr eines offenen Krieges wächst
Für den Fall, dass Merkel und Hollande mit ihrer Forderung nach einer erneuten Waffenruhe beim starken Mann im Kreml abblitzen werden, skizziert Franzen düstere Szenarien. Gelingt eine neue Waffenruhe nicht, «dann ist zu befürchten, dass der bewaffnete Konflikt weiter geht und sogar noch intensiver werden könnte.»
Die Konfliktparteien zumindest sind für diesen Schritt gewappnet. In den letzten Wochen haben beide Parteien stark mobilisiert und auch militärisch aufgerüstet. Fehlt nur noch der Funke aus den USA. Sollte sich die Grossmacht entscheiden, Waffen an Poroschenko zu liefern, könnte aus dem regionalen Konflikt auch ein offener Krieg zwischen der Ukraine und Russland entstehen.
Das Minsker Abkommen
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Bild 1 von 13. Das Minsker Protokoll wurde am 5. September 2014 im weissrussischen Minsk unterzeichnet. Es sollte den seit April 2014 andauernden Krieg im Donbass beenden. Das 12-Punkte-Protokoll verlangt von den Unterzeichnenden... Bildquelle: Keystone.
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Bild 2 von 13. …die unverzügliche beiderseitige Unterbrechung der Anwendung von Waffengewalt zu gewährleisten. Bildquelle: Keystone.
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Bild 3 von 13. …das Monitoring und die Überprüfung der Waffenruhe durch die OSZE zu gewährleisten. Bildquelle: Keystone.
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Bild 4 von 13. ...die Dezentralisierung der Macht in der Ukraine zu verwirklichen, unter anderem durch die Verabschiedung eines ukrainischen Gesetzes «Über die vorübergehende Ordnung der lokalen Selbstverwaltung in bestimmten Regionen der Donezker und Lugansker Gebiete». Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 13. ...das ständige Monitoring an der russisch-ukrainischen Staatsgrenze und die Überprüfung seitens der OSZE zu gewährleisten, mit der Bildung einer Sicherheitszone in den Grenzkreisen der Ukraine und der Russischen Föderation. Bildquelle: Keystone.
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Bild 6 von 13. ...sofort alle Geiseln und ungesetzlich festgehaltenen Personen zu befreien. Bildquelle: Keystone.
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Bild 7 von 13. ...das Gesetz über die Nichtzulassung der Verfolgung und der Bestrafung von Personen in Zusammenhang mit den Ereignissen zu übernehmen, die in einzelnen Kreisen der Donezker und Lugansker Gebiete der Ukraine geschehen sind. Bildquelle: Keystone.
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Bild 8 von 13. ...den inklusiven nationalen Dialog fortsetzen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 9 von 13. ...Massnahmen zur Verbesserung der humanitären Situation im Donbass zu ergreifen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 10 von 13. ...die Durchführung vorgezogener Kommunalwahlen zu gewährleisten, entsprechend dem ukrainischen Gesetz "Über die vorübergehende Ordnung der lokalen Selbstverwaltung in den gesonderten Kreisen der Donezker und Lugansker Gebiete" (Gesetz über den Sonderstatus). Bildquelle: Keystone.
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Bild 11 von 13. ...die ungesetzlichen bewaffneten Formationen, die Militärtechnik sowie die Freischärler und Söldner aus der Ukraine herauszuführen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 12 von 13. ...ein Programm des wirtschaftlichen Wiederaufbaus des Donbass und der Wiederherstellung der Lebensfunktionen der Region zu beschliessen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 13 von 13. ...die Garantie der persönlichen Sicherheit der Teilnehmer der Konsultationen zu gewähren. Bildquelle: Keystone.