Die Separatisten haben in Katalonien gewonnen. Ja. Aber welche Separatisten? Nun, alle halt. Eben nicht. Das Parteienbündnis, mit dem Präsident Artur Mas angetreten ist, hatte vor der Wahl eine absolute Mehrheit. Gestern hat es diese verloren. Trotz der vollmundigen Versprechungen des Präsidenten. Dafür ist eine kleine, antikapitalistische Separatistenpartei, die CUP, stärker geworden. Mas, der liberale Sparpolitiker, der das Budget des Sozialsystems radikal zusammengestrichen hat, ist auf sie angewiesen. Schwer vorstellbar, dass dies lange gut geht.
Uneinigkeit im Siegerlager
Aber auch in seinen eigenen Reihen gehen die Vorstellungen davon, was wann wie gemacht werden soll, teils weit auseinander. Und je näher man an die konkreten politischen Fragen kommt, desto mehr werden die Widersprüche sichtbar, die man im Wahlkampf übertünchte, so gut es ging. Das gelang nicht immer. Ein Spitzenkandidat erklärte kurz vor der Wahl, er könne sich statt der Unabhängigkeit auch ein neues Autonomiestatut vorstellen. Selbstverständlich eins, das in Barcelona geschrieben wird, nicht in Madrid. Die Tür zu einem Verhandlungsraum aber war spaltbreit aufgestossen.
In den letzten Wahl-Umfragen sagten 20 Prozent der separatistisch Gesinnten, wenn man eine gute Alternative zur Unabhängigkeit aushandeln könnte, würden sie ihre Position neu überdenken. Auch hier wird Dialog nicht einfach ausgeschlossen.
Kein Dialog zwischen Barcelona und Madrid
Natürlich wäre es dennoch nicht einfach, die Strasse vom Dialog zu überzeugen. Präsident Mas hat das Fussvolk zu sehr gebraucht und ist auf seinem Weg wohl schon zu weit gegangen. Einfach wird der Dialog nicht sein. Und nicht mit der heutigen Regierung in Madrid. Ministerpräsident Mariano Rajoy hat in den letzten Jahren den Dialog konsequent verweigert. Den Dialog, muss man sagen, den Mas nie wirklich gesucht hat. Beide glaubten, vom Stillstand profitieren zu können und zeigten sich gegenseitig die kalte Schulter. Dialog ist darum wohl nur möglich, wenn Rajoy und Mas nicht mehr auf der Bühne sind.
Hoffen auf die Sozialisten?
Pedro Sanchez, der Chef der spanischen Sozialisten, schrieb jüngst in der Tageszeitung «El Pais», einen politischen Sieg habe nur errungen, wer damit ein Problem löse. Auch er wollte seine Gesprächsbereitschaft signalisieren. Dass er selbst der künftige Ministerpräsident Spaniens sein wird, steht zwar nicht fest. Aber seine Chancen sind intakt. Und damit die Chancen, dass man nicht nach einer katalanischen Lösung sucht, sondern die spanische Verfassung revidiert und den Föderalismus auf der Halbinsel neu definiert. Ausser den Konservativen wären heute wohl alle Parteien dafür zu gewinnen.
Just am gestrigen Tag hat der baskische Ministerpräsident Urkullu neue Verhandlungen mit Madrid gefordert. Und erinnerte daran, dass nicht nur die Katalanen Forderungen haben. Der Tag war kaum zufällig gewählt.