USA: Kriege, Opfer und Veteranen
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Bild 1 von 11. 11. November 1919: Genau ein Jahr nach dem Ende des Ersten Weltkriegs (1914-18) versammeln sich die Menschen in Paris (Bild) und anderen Städten der Welt auf den Strassen. Sie feiern den Waffenstillstand vom 1. November 1918. US-Präsident Wilson erklärt an diesem Tag den 11. November zum Gedenktag des Waffenstillstands. Bildquelle: Keystone.
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Bild 2 von 11. November 2013: Auch 95 Jahre nach Kriegsende 1918 wird der Waffenstillstand gefeiert. Eine französische Vereinigung für den Ersten Weltkrieg – verkleidet als Soldaten – gedenkt vor einem Kriegsdenkmal in Nordfrankreich der Opfer des «grossen Kriegs». Bildquelle: Reuters.
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Bild 3 von 11. In Anlehnung an den Gedenktag des Waffenstillstands gilt der 1. November in den USA seit 1954 offiziell als Gedenktag für Kriegsveteranen (Veterans Day). Laut US-Regierung leben in den USA derzeit über 22 Millionen Veteranen. In Aurora, im Bundesstaat Illinois, hisst man für sie jedes Jahr 2000 US-Flaggen. Bildquelle: Reuters.
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Bild 4 von 11. US-Veteranen des Zweiten Weltkriegs (1941-46) besuchen im Oktober 2013 ihr Denkmal in der Hauptstadt Washington. 16 Millionen US-Soldaten kämpften im Zweiten Weltkrieg an der Front gegen die Nazi-Mächte. 400'000 verloren ihr Leben. Bildquelle: Reuters.
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Bild 5 von 11. Oktober 2013: Kein Shutdown für US-Veteranen. Der 98-jährige John Esposito kämpfte im Zweiten Weltkrieg für die USA, heute besucht er im Rollstuhl das Denkmal in Washington. Obwohl dieses wegen des Haushaltsstreits eigentlich geschlossen ist, lassen die Behörden Veteranen und andere Besucher zum historischen Monument. Bildquelle: Reuters.
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Bild 6 von 11. Juli 2013: Gedenken an den Korea-Krieg (1950-53) vor 60 Jahren. US-Präsident Barack Obama begleitet eine südkoreanische Delegation zum Denkmal für die Veteranen des Koreakriegs in Washington. Im Koreakrieg kämpften die USA an der Seite von Südkorea gegen Nordkorea und China. Bildquelle: Reuters.
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Bild 7 von 11. Die 19 überlebensgrossen Stahl-Statuen des Denkmals symbolisieren die verschiedenen amerikanischen Soldatentypen im Koreakrieg. Für die USA kämpften 5,7 Millionen Soldaten an der Front gegen Nordkorea. 36'000 kamen dabei ums Leben. Bildquelle: Reuters.
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Bild 8 von 11. Die Namen der über 58'000 US-Gefallenen im Vietnam-Konflikt (1964-73) befinden sich auf dem Denkmal für die Vietnam-Veteranen in Washington. Das Denkmal ist nur eines unter vielen, welche in der US-Hauptstadt an die Kriegsgeschichte der USA erinnern. Bildquelle: Reuters.
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Bild 9 von 11. Er gibt den jüngsten US-Kriegsveteranen ein Gesicht: Jason Hansman ist Direktor der Vereinigung amerikanischer Kriegsveteranen aus Irak und Afghanistan. Hier in seinem Büro in New York. Die Organisation begleitet Kriegsrückkehrer in das Leben nach dem Krieg, betreut sie in gesundheitlichen und sozialen Belangen. Bildquelle: Reuters.
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Bild 10 von 11. Die Kriegsveteranen werden unter anderem bei der Wiederintegration in ihre Gemeinde unterstützt, beispielsweise mit sportlichen Angeboten. Im Bild: Zwei Mitglieder eines Softball-Teams für amputierte Kriegsveteranen bei einer Gedenkveranstaltung für die Kriege in Irak und Afghanistan in New York. Bildquelle: Reuters.
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Bild 11 von 11. Sie ist ein Vorbild für Kriegsveteranen. Tammy Duckworth aus dem US-Bundesstaat Illinois verlor im Irak-Krieg beide Beine. Heute sitzt die Demokratin mit thailändischen Wurzeln im US-Parlament. Bildquelle: Reuters.
«In God we trust» («Auf Gott vertrauen wir»), lautet der Wahlspruch der US-Amerikaner. Es hätte aber auch genauso gut «In Army we trust» heissen können. Denn die meisten US-Amerikaner lieben ihre Armee abgöttisch.
Doch der überbordende Nationalstolz auf die Truppe ist nur auf den ersten Blick verwunderlich. Denn spätestens bei genauerem Hinsehen wir klar: Die Armee ist inklusive aller Behörden und Zweigstellen mit Abstand der grösste Arbeitgeber des Landes. Neben dem geregelten Einkommen verspricht sie eine gute Ausbildung und gesellschaftliches Ansehen.
Doch wo eine Armee ist, da ist in aller Regel auch Krieg, da sind Tod, Verwundung und seelische Narben. Um all die, welche die Militärmaschine wieder lebend ausgespuckt hat, kümmert sich in den USA eine eigene Behörde – das Ministerium für Kriegsveteranen.
Ein mächtiger Apparat, wie sich während des US-Haushaltsstreits zeigte. Während die Umweltschutzbehörde 94 Prozent ihrer Belegschaft nach Hause schicken musste, wurden im Ministerium für Kriegsveteranen nur vier Prozent in den Zwangsurlaub verabschiedet.
Damit nicht genug zogen Tausende vor das Weisse Haus und protestierten gegen die Schliessung der Kriegs-Denkmäler – weil die durch den Shutdown nicht mehr öffentlich zugänglich waren.
«Krieg im Kopf» holt viele Ehemalige wieder ein
Kriegsveteranen sind ein heisses Eisen. Politisch zumeist eher konservativ verstehen sie es – nicht zuletzt dank der neuen Medien, ihre Interessen zu bündeln und als stimmgewaltige Einheit aufzutreten. Ganz anders als die Vietnam-Veteranen finden sie in der Öffentlichkeit für ihre Probleme Gehör. Und Probleme gibt es viele.
Fast 3,5 Millionen Veteranen haben eine körperliche Behinderung. Mehr als ein Viertel von ihnen lebt in Armut. Von den obdachlosen Veteranen hat mehr als die Hälfte ein Handicap. Ehemalige US-Soldaten kämpfen aber nicht mehr allein mit Behinderungen und Krankheiten durch Verwundungen.
In zunehmendem Masse leiden Veteranen an Erkrankungen der Psyche. Dazu gehören vor allem Posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) aber auch Traumata nach sexuellen Übergriffen (Military Sexual Trauma / MTS).
Überdurchschnittlich hoch sind auch die Fälle von Drogen- und Alkoholmissbrauch. Diese haben oft Arbeitslosigkeit (bei jungen Veteranen im Schnitt doppelt so hoch (30%) wie bei anderen Gleichaltrigen) und Obdachlosigkeit zur Folge.
Jede Stunde begeht ein Veteran Selbstmord
Einer von drei Veteranen, die im Irak oder in Afghanistan gekämpft haben, leidet unter schweren psychischen Erkrankungen. Bei fast jedem fünften wurde eine Posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert. Allerdings nimmt nur jeder zweite Betroffene auch tatsächlich medizinische Hilfe in Anspruch.
Die Folge: Selbstmord ist – nach dem Tod während militärischer Kämpfe – die Todesursache Nummer eins. Aktuell nimmt sich im Durchschnitt fast jede Stunde ein Veteran das Leben – Tendenz steigend. Auf einen im Kampf getöteten Soldaten kommen mittlerweile 25 Veteranen. Landesweit entfallen 20 Prozent aller Suizide auf ehemalige Soldaten.
Neues Problem: Sexuelle Belästigung
Weniger bekannt ist das Military Sexual Trauma (MST). Es tritt als Folge sexueller Nötigung oder Belästigung während des Dienstes zutage. Jede fünfte Veteranin leidet offiziell darunter. Doch ist davon auszugehen, dass die Zahl der Opfer wesentlich höher liegt. Viele Frauen haben Angst vor öffentlicher Stigmatisierung oder fürchten gar weitere Belästigungen und ziehen es deshalb vor zu schweigen.
Doch dass die Zahlen wesentlich höher liegen müssen, zeigen Befragungen weiblicher Veteranen. Sie ergaben, dass fast ein Drittel von ihnen Opfer sexueller Übergriffe oder gar von Vergewaltigungen wurde.
«Armee der Kaputten» nannte der Spiegel erst kürzlich die US-Veteranen der jüngsten Kriege. Denn allen Versprechungen zum Trotz schafft es der Riesenapparat des Veteranenministeriums nicht, die Gefallenen wieder aufzurichten und den Gestrauchelten neuen Halt zu geben. Der Veterans Day mag da warnend und erinnernd wirken – verändern oder gar abschaffen wird er das Dilemma gleichwohl nicht.