Bei den pro-demokratischen Protesten in Hongkong wurden in den frühen Morgenstunden 511 Teilnehmer festgenommen. Die Aktivisten sassen vor dem Amtssitz von Regierungschef Leung Chun Ying und riefen nach mehr Demokratie in der chinesischen Sonderverwaltungsregion.
Den Festgenommenen werde illegale Versammlung und Behinderung der Polizei vorgeworfen, berichtete die Polizei. Unter ihnen waren drei oppositionelle Hongkonger Abgeordnete. Die nächtlichen Protestaktionen folgten auf die grosse Demonstration am Vortag, dem Jahrestag der Rückgabe der früheren britischen Kronkolonie 1997 an China.
Demonstrierende fordern mehr Demokratie
Am Dienstag hatten hunderttausende Menschen mit Bannern und Sprechchören gegen die Beschneidung ihrer Freiheitsrechte demonstriert. Sie fordern weniger Einfluss von Peking und mehr Demokratie. Die Demonstrierenden verlangen vor allem das Wahlrecht, wie der Asien-Journalist Martin Aldrovandi zu Radio SRF sagte. Dies sei ihnen versprochen worden. Peking wolle dieses Wahlrecht frühestens 2017 einführen, erklärte Aldrovandi weiter.
Aufgeheizte Stimmung wie seit zehn Jahren nicht mehr
Die Demokratie-Kundgebung in Hongkong findet seit der Übergabe der früheren britischen Kolonie an China im Jahr 1997 jedes Jahr am ersten Juli statt. In diesem Jahr «ist die Stimmung so aufgeheizt, wie seit zehn Jahren nicht mehr», sagt Peter Achten SRF-Korrespondent in Asien. Der Grund dafür liege auf der Hand: Es gab ein Referendum der demokratischen Kräfte über die Wahlen 2017. Die chinesische Regierung habe das Referendum als illegal und ungültig erklärt und so die Unruhen in Hongkong provoziert, ist Achten überzeugt.
«Die Menschen fühlen sich betrogen»
Zwar versprach die kommunistische Führung, den Nachfolger des derzeitigen Verwaltungschefs Leung Chun Ying im Jahr 2017 vom Volk wählen zu lassen. Die Kandidaten sollen jedoch von Peking ausgesucht werden. «Die Menschen fühlen sich betrogen», sagt Achten. Die demokratischen Kräfte wollten ihre eigenen Kandidaten bestimmen, das lässt Peking aber nicht zu.
Volk will die versprochenen demokratischen Rechte
In den vergangenen Tagen hatten sich zum Ärger Pekings knapp 800'000 Einwohner Hongkongs und damit fast ein Viertel der Wahlberechtigten an einer informellen Volksabstimmung über mehr Demokratie beteiligt. «Es sind hauptsächlich Leute, die nicht besonders gut gestellt sind, entweder Intellektuelle oder ärmere Schichten», sagt Achten.
Hongkong geniesst seit der Rückgabe an die Volksrepublik China einen besonderen Autonomiestatus. Dieser gewährt Bürgerrechte wie Presse- und Versammlungsfreiheit; demokratische Wahlen sind allerdings nicht erlaubt. Die Demonstrationen werden in der Presse verurteilt. «Peking macht klar, dass dies illegal ist», sagt Achten.