Ein neues Video zeigt, was sich in den Minuten vor den tödlichen Schüssen auf den schwarzen US-Bürger Walter Scott abspielte. Auf dem Material, das die Polizei von South Carolina veröffentlichte, ist zu sehen, wie Scott in eine Verkehrskontrolle geriet und wenig später flieht.
Die von einer im Polizeiwagen angebrachten Kamera aufgenommenen Bilder zeigen, wie der Beamte Michael Slager den 50-jährigen Scott wegen eines defekten Rücklichts anhält. Mit Scotts Führerschein und Fahrzeugpapieren kehrt der Polizist zu seinem Wagen zurück – vermutlich um eine Routinekontrolle vorzunehmen. Unterdessen versucht Scott, seinen Wagen zu verlassen, steigt aber auf Anweisung des Polizisten wieder ein. Wenige Sekunden später springt er aus dem Wagen und rennt davon, gefolgt von Slager. Beide verlassen das Blickfeld der Kamera.
Das nun veröffentlichte Video endet an dieser Stelle. Auf den Aufnahmen eines Passanten, die dieser zufällig mit seinem Handy machte, ist zu sehen, dass der 33 Jahre alte Beamte anschliessend achtmal auf den Flüchtenden Scott schoss. Fünf Kugeln trafen das Opfer in den Rücken.
Früherer Fall in neuem Licht
Der Polizist wurde aus dem Polizeidienst entlassen und wegen Mordes angeklagt. Er hatte sich auf Notwehr berufen. Inzwischen wurde bekannt, dass er sich bereits zuvor wegen übermässiger Gewalt gegen einen Schwarzen verantworten musste. Das geht aus einer Beschwerde in der Personalakte des mittlerweile entlassenen und wegen Mordes angeklagten Polizeibeamten hervor. Konsequenzen hatte der Vorfall aus dem September 2013 allerdings nicht: Der Polizist wurde von den Vorwürfen entlastet.
Damals war der Beamte demnach in North Charleston mit einem Kollegen zu einem Einbruch gerufen worden. Die Betroffene führte die Polizisten zum Haus des mutmasslichen Täters, wo ein wohl Unbeteiligter an der Tür erschien. Obwohl die ebenfalls anwesende Frau klarstellte, dass er nicht der gesuchte Einbrecher sei, sei es zu Handgreiflichkeiten gekommen, woraufhin der Beamte seinen Elektroschocker einsetzte.
Divergierende Schilderungen
So berichteten es eine Augenzeugin und der Betroffene, der später die Beschwerde einreichte. Der Polizeibeamte habe ihm grundlos einen Schock verpasst und ihn geschlagen und gezerrt. Der zweite Polizist sagte dagegen, sein Kollege habe den Taser einsetzen müssen, um die Situation unter Kontrolle zu bekommen. Der beschuldigte Beamte kam seiner Akte zufolge 2009 zur Polizei und hatte seiner Bewerbung zufolge sechs Jahre für die Küstenwache gearbeitet.
Leistungsbeurteilungen zeichnen das Bild eines guten Mitarbeiters, der die Anforderungen erfüllt. Er habe stets Sicherheitsvorschriften eingehalten und sich stets um die Sicherheit seiner Kollegen gesorgt. Er besass auch die Lizenz, einen Elektroschocker einzusetzen.
Polizeigewalt gegen Schwarze in den USA
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Bild 1 von 8. Im Februar 2004 töteten Polizisten in New York den afrikanischen Einwanderer Amadou Diallo vor seinem Appartment mit 41 Schüssen. Sie hatten ihn mit einem gesuchten Serienvergewaltiger verwechselt. Die vier beteiligten Polizisten wurden von einer Jury aus schwarzen und weissen Geschworenen freigesprochen, in New York am es zu Ausschreitungen. Bildquelle: Reuters.
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Bild 2 von 8. Im November 2006 kam es zu heftigen Protesten, nachdem wiederum in New York der unbewaffnete Afroamerikaner Sean Bell von Polizisten erschossen worden war. Er hatte nach dem Verlassen einer Bar im Auto mit Freunden einen Polizeiwagen gerammt. Drei Polizisten wurden angeklagt und freigesprochen. Die Polizei zahlte eine Millionen-Entschädigung. Bildquelle: Reuters.
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Bild 3 von 8. Ausschreitungen bei Protesten gegen rassistisch motivierte Polizeigewalt in Kalifornien: Ein Polizist hatte im Januar 2009 den unbewaffneten und von anderen Polizisten am Boden fixierten Oscar Grant mit einem Schuss in den Rücken getötet. Der Beamte wurde lediglich wegen fahrlässiger Tötung verurteilt und bereits nach elf Monaten Haft entlassen. Bildquelle: Reuters.
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Bild 4 von 8. Im August 2014 sorgte der Tod des 18-jährigen Afroamerikaners Michael Brown in Ferguson im US-Bundesstaat Missouri weltweit für Schlagzeilen. Ein weisser Polizist hatte zwölf Mal auf den Schüler geschossen. Nachdem die Grand Jury entschieden hatte, kein Verfahren zu eröffnen, kam es zu gewaltsamen Protesten und nächtlichen Ausgangssperren. Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 8. Im Dezember 2014 wurde der vierfache schwarze Familienvater Rumain Brisbon in Phoenix (Arizona) nach einer Polizeikontrolle erschossen, weil er seine Hand nicht aus der Hosentasche nehmen wollte. Darin waren Tabletten und keine Waffe. Auch sein Tod führte zu einer landesweiten Protestwelle. Bildquelle: Reuters.
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Bild 6 von 8. Im März 2015 erschoss ein weisser Polizist bei Atlanta (Georgia) einen möglicherweise geistig verwirrten nackten Schwarzen, der an Haustüren geklopft haben soll. Laut Polizei lief er auf einen Beamten zu, der zwei Schüsse abfeuerte. Bereits während der noch laufenden Untersuchungen zum Tathergang kam es zu Protesten. Bildquelle: Reuters.
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Bild 7 von 8. «Wie viele noch?» – Auch nach dem Tod des fünffachen Familienvaters Walter Scott in North Charleston im April 2015 gibt es Proteste gegen rassistisch motivierte Polizeigewalt. Ein Handy-Video widerlegt die Aussage des Polizisten, er habe nach einer Verkehrskontrolle in Notwehr gehandelt. Offensichtlich schoss er von hinten auf den Flüchtenden. Bildquelle: Keystone.
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Bild 8 von 8. Nach dem Tod eines 25-jährigen Schwarzen kommt es in Baltimore zu schweren Ausschreitungen. Der junge Mann war im Polizeigewahrsam verletzt worden und später gestorben. Bildquelle: Reuters.