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International «Viele Griechen fühlen sich gedemütigt und sind aufgebracht»

Ab heute stehen die Griechen nicht ganz unerwartet vor geschlossenen Banken. Die Schuld dafür gibt die Regierung Tsipras der Europäischen Zentralbank und hofft so, beim geplanten Referendum zu punkten. Die Rechnung könnte nicht aufgehen, sagt Journalistin Corinna Jessen in Athen.

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Regierung Tsipras begründet Massnahmen mit «Erpressung»
aus HeuteMorgen vom 29.06.2015.
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Wie kommen die jüngsten Massnahmen und Äusserungen der Regierung Tsipras im griechischen Schuldendrama an und wie reagiert die Bevölkerung? Einschätzungen von Corinna Jessen, freie Journalistin in Athen.

SRF News: Warum schliesst die griechische Regierung nun die Banken?

Corinna Jessen: Ministerpräsident Alexis Tsipras und Finanzminister Yanis Varoufakis haben die gestrige Entscheidung damit erklärt, dass die Europäische Zentralbank die Nothilfen für die griechischen Banken nicht weiter angehoben habe. Die EZB wolle so das griechische Volk erpressen, damit es beim geplanten Referendum am kommenden Sonntag im Sinne der Kreditgeber stimme.

Ohne diese Schuldzuweisung ist die schlichte Antwort aber: Das Hilfsprogramm für Griechenland läuft am Dienstag aus. Da alle Verhandlungen über eine Verlängerung erfolglos geblieben sind, haben die Griechen aus Angst vor dem Staatsbankrott viel Geld abgehoben. Den Banken geht also das Geld aus, und sie müssen es im Land halten.

Was bedeuten die geschlossenen Banken für die Griechen und was für die ausländischen Touristen?

Ab heute bleiben die Banken für mindestens sechs Arbeitstage geschlossen. Sie öffnen erst wieder am Dienstag, 7. Juli. Ab dem morgigen Dienstag sind immerhin die Geldautomaten wieder offen. Allerdings können Inhaber griechischer Konten dann nur einen täglichen Höchstbetrag von 60 Euro mit ihren Kredit- oder EC-Karten abheben. Überweisungen ins Ausland am Bankschalter und per Online-Banking werden wohl auf unbegrenzte Zeit eingeschränkt. Wie genau, ist noch nicht klar.

Corinna Jessen

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Corinna Jessen ist freie Journalistin in Athen, Korrespondentin für mehrere deutschsprachige Tageszeitungen und Mitarbeiterin des ZDF. Sie ist in Athen geboren und aufgewachsen. Studiert hat sie in Deutschland.

Für Touristen ist nur der heutige Tag schwierig. Ab Morgen können Besucher mit Konten im Ausland mit ihren Karten unverändert Geld abheben. Das wirkt sich also nicht auf den Tourismus aus. Die Griechen ihrerseits sind bisher noch sehr gefasst. Es gibt keinerlei Panik. Sie haben damit gerechnet und seit längerem für Bargeldreserven gesorgt. Trotzdem empfinden viele Griechen die Massnahmen als demütigend und sind sehr aufgebracht.

Die Regierung Tsipras gewinnt nun ein bisschen Zeit. Wie geht es weiter?

Abgesehen davon, dass diese Kapitalverkehrskontrollen aufgrund der mangelnden Liquidität der Banken unausweichlich waren, spekuliert die griechische Regierung darauf, die Kreditgeber als erpresserisch hinstellen zu können. Damit wollen sie im Hinblick auf das Referendum punkten, sofern es tatsächlich stattfindet. Da gibt es berechtigte Zweifel.

Das Kalkül der Regierung kann aber sehr wohl nach hinten losgehen, wenn vor allem Unternehmer und kleine und mittelständische Geschäftsleute lahmgelegt werden. Angst und Wut wachsen. Wenn das der Fall ist, wird sich das Ganze wahrscheinlich gegen die Regierung richten. Also wenn den Menschen immer klarer wird, dass die Regierung offensichtlich nicht davor zurückschreckt, das Land aus dem Euro und aus Europa zu führen.

Das Gespräch führte Susanne Schmugge.

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