Hunderttausende junge Leute jubelten am Donnerstagabend dem Kirchenoberhaupt frenetisch zu. Viele Fahnen wurden in der Menge geschwenkt.
Die jungen Katholiken hiessen den Papst bei der ersten offiziellen Begegnung des Weltjugendtages mit «Viva Papa»-Rufen willkommen, Franziskus unterbrach immer wieder seine Fahrt zu der Altarbühne am Strand.
Revolution durch Glaube
Franziskus warb darum, Gott wieder ins Zentrum des Lebens zu stellen. «Wir sind versucht, uns selbst in den Mittelpunkt des Lebens zu stellen, zu glauben, dass es an uns allein liegt, unser Leben aufzubauen, oder dass Besitz, Geld, Macht es glücklich machen. Aber das ist nicht so», sagte das katholische Kirchenoberhaupt. Materielle Güter könnten zwar einen Augenblick des Rausches und die Illusion von Glücklichsein bieten. Doch am Ende seien es genau diese Dinge, die Besitz vom Menschen ergriffen und sie drängten, immer mehr zu wollen.
Er mahnte die «jungen Freunde», Christus in ihr Leben zu lassen. Der Glaube bewirke im Leben eine Revolution, «denn er rückt uns aus dem Mittelpunkt heraus und stellt Gott wieder in die Mitte». Die Pilger ermutigte er, «Jünger und Missionare» Christi zu sein. Das Weltjugendtags-Motto lautet: «Geht hin und macht zu Jüngern alle Völker dieser Welt.» (Matthäus-Evangeliums)
Monitore am Strand
Trotz regnerischen Wetters und kühler Temperaturen waren die Jugendlichen singend und mit Fahnen ihrer Heimatländer an die Copacabana geströmt, wo der Papst auf einer riesigen Bühne das erste Mal seit seinem Eintreffen in Rio am Montag offiziell zu den Weltjugendtags-Pilgern sprach.
Entlang dem Strand waren auf einer Länge von etwa einem Kilometer grosse Monitore und Lautsprecher installiert, um vor allem die Papst-Ansprache zu übertragen.
Soziale Ungerechtigkeiten beenden
Franziskus hatte vor dem Treffen eine Armensiedlung in Rio besucht und die Menschen aufgerufen, sich für soziale Gerechtigkeit einzusetzen. «Werdet nicht müde, für eine gerechtere und solidarischere Welt zu arbeiten», rief er vor den Bewohnern der Favela Varginha aus. Jeder solle helfen, «den vielen sozialen Ungerechtigkeiten ein Ende zu bereiten». Die Siedlung mit rund 1200 Einwohnern war lange wegen Drogenhandels und Gewalt berüchtigt.
An die Adresse der jungen Generation sagte Franziskus: Sie solle nicht enttäuscht sein und nicht verzagen angesichts von Korruption und Ungerechtigkeiten. Die Wirklichkeit könne sich ändern, und sie könnten dazu beitragen. Im vorigen Monat waren in Brasilien Hunderttausende Menschen aus Protest gegen Korruption und Misswirtschaft auf die Strasse gegangen.
Kreuzweg mit Pilgern
Vor seinem Besuch in der Favela hatte Franziskus im «Palácio da Cidade» (Stadtpalast) von Rios Bürgermeister Eduardo Paes symbolisch die Schlüssel der Stadt am Zuckerhut überreicht bekommen. Dabei segnete der 76-jährige Pontifex auch die Kirchensymbole und die Fahnen der Olympischen Spiele, die Rio de Janeiro im Jahr 2016 ausrichtet.
An (diesem) Freitag ist ein gemeinsamer Kreuzweg des Papst mit den Pilgern an der Copacabana geplant. Die einzelnen Stationen erinnern an den Leidensweg Jesu und wurden auf der zentralen Avenida Atlântica nachempfunden. Zuvor will sich der Papst mit jugendlichen Straftätern treffen und von dem Mittelbalkon des Erzbischofspalasts St. Joaquim das traditionelle Angelus-Gebet sprechen.