Das Wichtigste in Kürze
- Griechenland soll als Belohnung für umfangreiche Spar- und Reformpakete insgesamt 10,3 Milliarden Euro aus dem Euro-Rettungsschirm erhalten.
- Der Weltwährungsfonds (IWF) signalisierte Bereitschaft, sich an weiteren Griechenland-Finanzhilfen zu beteiligen.
- Die Eurogruppe verständigte sich auf einen Zeitplan, um das Schuldenproblem anzugehen. Konkret geht es um Schuldenerleichterungen.
Zitterpartie in Brüssel: Nach zähen Verhandlungen einigen sich die Geldgeber, Griechenland weiter mit Milliardensummen zu unterstützen. Es gibt auch eine Vereinbarung, den riesigen Schuldenberg zu senken.
Noch vor einem Monat hätte ich nicht davon geträumt, dass sich die Minister darauf einigen
Griechenland erhält im Gegenzug für sein jüngstes Spar- und Reformpaket 10,3 Milliarden Euro aus dem Rettungsschirm der Europartner. Bevor das Geld tatsächlich fliesst, müssen von Athen allerdings noch einige Bedingungen erfüllt werden und nationale Parlamente zustimmen. Dies sagte Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem am frühen Mittwochmorgen nach rund elfstündigen Marathonverhandlungen in Brüssel.
«Teufelskreis»
Der griechische Finanzminister Euklid Tsakalotos sprach von einem «wichtigen Moment für Griechenland». Es gebe nach teils «angespannten» Verhandlungen nun nicht nur eine Vereinbarung über die weitere Auszahlung von Hilfsgeldern, sondern auch über Schuldenerleichterungen.
Dies könne der Beginn einer Entwicklung sein, mit der Griechenland dem «Teufelskreis» aus Rezession, Sparmassnahmen und wieder neuer Rezession entkommen könne.
«Das sind sehr gute Neuigkeiten»
Die griechische Regierung von Linkspremier Alexis Tsipras hatte in den vergangenen Wochen Rentenkürzungen und eine Einkommensteuerreform durch das Parlament gebracht. Damit legte er die Basis für weitere Milliardenhilfen aus dem Euro-Rettungsschirm ESM. Zusammen machen die Budgetkorrekturen 5,4 Milliarden Euro aus.
Mit dem Grundsatzbeschluss ist die neuerliche Gefahr einer Staatspleite Griechenlands im Sommer gebannt. «Das sind sehr gute Neuigkeiten», resümierte Dijsselbloem. Das 2015 gestartete Rettungsprogramm laufe wieder wie geplant. «Noch vor einem Monat hätte ich nicht davon geträumt, dass sich die Minister darauf einigen», sagte der Niederländer mit Blick auf das Paket.
IWF bleibt an Bord
Dazu gehören auch Schuldenerleichterungen für das Krisenland: «Wenn die Schuldenzahlungen Griechenlands eine gewisse Höhe übersteigen, sollen ab 2018 Massnahmen zur Schuldenerleichterung greifen», berichtet SRF-Korrespondent Oliver Washington aus Brüssel. Damit, so resümiert er, «ist das Abkommen eine eigentliche Niederlage für den deutschen Finanzminister».
Auf Schuldenerleichterungen drang insbesondere der Internationale Währungsfonds. Der IWF signalisierte nun im Gegenzug seine Bereitschaft, sich an weiteren Griechenland-Finanzhilfen zu beteiligen. Dem IWF-Leitungsgremium soll vorgeschlagen werden, bis Ende des Jahres weitere Mittel für die Unterstützung des griechischen Reformprozesses bereitzustellen.
«Wir werden uns die Massnahmen in den kommenden Monaten anschauen», bilanzierte IWF-Europadirektor Poul Thomsen. «Es ist am Ende das Leitungsgremium (board), das die Entscheidung trifft.»
Erste Zahlung bereits im Juni?
Es gibt auf Wunsch der Geldgeber auch ein Sparpaket «auf Vorrat», das beim Verfehlen von Haushaltszielen in die Tat umgesetzt werden soll.
ESM-Chef Klaus Regling kündigte an, 7,5 Milliarden Euro an Hilfe aus dem ESM könnten schon in der zweiten Juni-Hälfte fliessen. Das restliche Geld der neuen Auszahlung solle dann später überwiesen werden. Griechenland muss allein im Juli 3,67 Milliarden Euro an den IWF, die Europäische Zentralbank (EZB) und andere Gläubiger zurückzahlen.
Riesiger Schuldenberg
Grosse Beträge sind auch nötig, um Zahlungsrückstände des Staats zu vermindern. 2015 hatten sich Athen und die internationalen Geldgeber auf ein neues Rettungsprogramm in Höhe von bis zu 86 Milliarden Euro für das pleitebedrohte Euro-Land verständigt. Davon wurden bisher 21,4 Milliarden Euro ausgezahlt.
Das Land hängt seit 2010 am Tropf internationaler Geldgeber. Deutschland und andere Länder hatten darauf gedrängt, den IWF bei der Griechenland-Rettung im Boot zu halten. Für 2016 wird ein Schuldenberg von 183 Prozent der Wirtschaftsleistung erwartet, erlaubt sind höchstens 60 Prozent.
Teure Kredite vorzeitig ablösen
Thomsen sagte, es gebe nun Übereinstimmung, dass die griechischen Schulden nicht nachhaltig seien. Schuldenerleichterungen im grossen Stil soll es aber erst geben, wenn das Hilfsprogramm 2018 erfolgreich abgeschlossen ist. So sollen bisher noch blockierte milliardenschwere Gewinne der EZB und der nationalen Notenbanken aus griechischen Staatsanleihen eingesetzt werden.
Ungenutzte Gelder aus dem Hilfsprogramm von etwa 20 Milliarden Euro sollen zudem dazu verwendet werden, vergleichsweise teure Griechenland-Kredite vorzeitig abzulösen und damit Kosten zu sparen.