Sein ohnehin unbeliebter sächsischer Dialekt macht Claus Weselsky das Leben nicht einfacher. Am Montag trat er vor die Medien und erklärte, dass seine Lokführergewerkschaft GDL zum achten Mal in dieser Verhandlung in den Streik tritt.
Von Seiten der Medien wird er deshalb wahlweise in die DDR-Ecke gestellt, mit Syriens Diktator Assad verglichen oder zum «meistgehassten Mann Deutschlands» erklärt. Der Rückhalt bei den Mitgliedern der GDL ist allerdings ungebrochen.
In der DDR aufgewachsen, aber nicht Parteimitglied
Der 56-jährige Weselsky wuchs in der DDR im Bezirk Dresden auf. Als Sohn einer Arbeiter- und Bauernfamilie begann er eine Ausbildung zum Dieselmotorenschlosser und wurde daraufhin zum Lokführer ausgewählt. Auf dem Beruf arbeitete er bis 1992.
Weselsky beobachtete, wie die Karriere von einigen Leuten um ihm herum schneller voran ging als seine. Trotzdem oder gerade deswegen weigerte er sich, in die Einheitspartei SED einzutreten. Er wollte nicht Teil dieses Systems sein. Nach dem Mauerfall 1990 trat er in die neu gegründete GDL ein.
Der Vorwurf: Machtmensch
Wenn nun Weselsky den längsten Streik in der Geschichte der Deutschen Bahn AG ausruft, wird ihm eines wieder vorgeworfen: Er handle aus Eigeninteresse. Verhandelt werden nämlich nicht nur der Lohn die Arbeitszeit, sondern auch die Frage, für wen die GDL überhaupt solche Verhandlungen führen darf.
Die GDL ist die kleinere von zwei Gewerkschaften im Bahnwesen. Sie vertritt ungefähr 20'000 von insgesamt 196'000 Bahnangestellten, aber 80 Prozent aller Lokführer. Ebenfalls Mitglied: 30 Prozent der Zugbegleiter. Für diese möchte die GDL ebenfalls Lohnverhandlungen führen können.
Die Deutsche Bahn hingegen möchte nur mit einem Sozialpartner verhandeln – mit dem grössten. Und das ist die Konkurrenzgewerkschaft EVG. Genau in dem Punkt ist Weselsky aber unnachgiebig. Er pocht auf das Verfassungsrecht, wonach eine Gewerkschaft für alle ihre Mitglieder Verhandlungen führen darf.
Wie ein «Panzer» im Auftritt
Sieht man Weselsky im Fernsehen, sieht man einen Mann mit streng gestutztem Schnauz, wenig Mimik und Gestik. Sein strenges Auftreten, seine teils ungehobelte Art und die undankbare Aufgabe des Streikführers haben dafür gesorgt, dass er ins mediale Kreuzfeuer gerät.
Medien veröffentlichten seine Telefonnummer, Bilder von seinem Zuhause, inklusive Adresse. Für seine Familie organisierte Weselsky daraufhin den Personenschutz. Für sich selbst aber nicht.
So eine Kampagne gehe an niemandem spurlos vorbei, äusserte sich Weselsky gegenüber der «Zeit». Die «FAZ» beschrieb ihn in einem Portrait als «sensiblen Menschen» mit einem «starken Sinn für Gerechtigkeit».
«Ich stehe das durch»
Über sich selber sagte er einst, es fehle ihm manchmal an rhetorischen Fähigkeiten. Er könne sich nicht so klar ausdrücken, wie er das gerne würde. Das ärgere ihn.
Seit den Streiks von letztem Jahr habe er deshalb einen Medienberater eingestellt.
Den Ärger der Nation zieht er trotzdem wieder auf sich. Weselskys Kommentar dazu: «Ich steh das durch».