Dass Europa im Eiltempo auf einen neuen Kalten Krieg zusteuert, ist mit Blick auf den Verlauf der Münchner Sicherheitskonferenz nicht mehr von der Hand zu weisen. Die Deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Francois Hollande stellen sich der Tatsache zwar noch entgegen. Aber andere Teilnehmer entblössen den weltpolitischen Ernst der Stunde schonungslos: dass Westeuropa droht, im Konflikt zwischen den Hardlinern in den USA und Russland aufgerieben zu werden droht.
Kritik vom estländischen Präsidenten
So fragte etwa Estlands Präsident Toomas Hendrik Ilves die Kanzlerin, ob es wirklich sinnvoll sei, der Gewalt abzuschwören, wenn ein Aggressor nur auf Gewaltmittel abstelle. Und bei derselben Gelegenheit machte Ilves auch den Vorstoss, dass es jedem EU-Land frei stehen sollte, Waffen an die Ukraine zu liefern.
Noch einen Schritt weiter ging der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi. Er verlangte gar eine Lockerung der Sanktionen gegen Russland. Kritik erntete Merkel in ihrem Bestreben zu einer diplomatischen Lösung des Ukraine-Konflikts auch wenig höflich aus Übersee. Die US-Senatoren John McCain und Lindsey Graham griffen die deutsche Bundeskanzlerin persönlich an; mit den Worten, dass sie die Ukraine verrate und sich nicht um die Toten schere.
Keine Alternative zum diplomatischen Weg
Merkel und Hollande blieben – aller Kritik zum Trotz – dem von ihnen eingeschlagenen Kurs treu. Zwar räumte die Kanzlerin ein, dass es keine Erfolgsgarantie gebe. Und sie beklagte, dass die russische Seite Zusagen nicht oder nur ungenau einhalten würde. Doch gebe es keine Alternative zum bis anhin angewandten Konzept: Reden, notfalls sanktionieren und Russland positive Perspektivien bei einem Einlenken im Ukraine-Konflikt aufzeigen.
Wenn die deutsche Bundeskanzlerin am Montag in Washington empfangen wird, gestaltet sich ihr diplomatisches Bemühen auch dort als Herkules-Aufgabe. Obwohl US-Präsident Barack Obama die Skepsis gegenüber Waffenlieferungen teilt, macht sich Berlin in dieser Hinsicht doch nur wenig Hoffnungen. Von deutscher Regierungsseite ist zu vernehmen, dass Obama schon etliche aussenpolitische Positionen für innenpolitische Zwecke geopfert habe.
Obama hat seinen Teil zur Verschärfung des Konflikts beigetragen
In der grossen Koalition ist man sich ohnehin einig, dass auch die Obama-Regierung ihren Teil zur Verschärfung des Ukraine-Konflikts beigetragen habe. Die USA hätten bei den Ukrainern immer wieder die Illusion einer militärischen Lösung genährt und Obama Russland als «Regionalmacht» gedemütigt.