Am kommenden Sonntag jährt sich die Vereidigung von Ägyptens Präsident Mohammed Mursi zum ersten Mal. Die Opposition hat für diesen Tag zu landesweiten Protesten aufgerufen. Sie will mehr als 20 Millionen Unterschriften übergeben, die Mursis Absetzung und Neuwahlen fordern.
Zahlreiche Ausländer haben das Land aufgrund der Gewalt bereits verlassen. Sämtliche Flüge vom internationalen Flughafen Kairo in die USA, nach Europa und in die Golfstaaten waren ausgebucht. Es herrschte Hochbetrieb. Auch die US-Botschaft flog einen Teil ihrer Mitarbeiter und deren Familienangehörige aus.
Das Schweizer Aussenministerium in Bern mahnt Ägypten-Reisende zu Vorsicht und dazu, grössere Ansammlungen von Menschen zu meiden.
Verletzte und Tote nach ersten Ausschreitungen
Am Freitagabend gab es bereits einen ersten Vorgeschmack auf das, was Ägypten am Sonntag blühen könnte: In mehreren Städten versammelten sich tausende Regierungsgegner. Nicht überall blieb es dabei friedlich.
In Alexandria kam es zu gewaltsamen Zusammenstössen zwischen den oppositionellen Demonstranten und Anhängern der regierenden Islamisten. Dabei kamen zwei Menschen ums Leben, darunter ein 21-jähriger Student aus den USA, der als Praktikant bei der Organisation Amideast in Ägypten arbeitete. Ein weiterer Mann starb bei einer Explosion während Protesten in Port Said.
Auch in Kairo gingen am Abend Tausende Gegner Mursis auf die Strassen und warben um die Unterstützung der Ägypter. Der Tahrir-Platz, seit Beginn des Arabischen Frühlings der zentrale Versammlungsort der Demonstranten, füllte sich.
Obama ruft zu friedlichen Protesten auf
Auch die Anhänger des Präsidenten mobil. Tausende von ihnen versammelten sich im Vorort Nasr-City zu einer Kundgebung. Motto: «Die Legitimität ist die rote Linie». Mehrere Redner warfen der Protestbewegung vor, sie werde «aus dem Ausland unterstützt – von Staaten, die nichts Gutes für Ägypten wollen». Sie betonten, Mursi werde nicht vor Ende seiner vierjährigen Amtszeit zurücktreten.
Obama forderte am Samstag während eines Besuchs in Südafrika, Demonstranten und Sicherheitskräfte sollten Zurückhaltung üben und der Gewalt abschwören. «Wir unterstützen friedliche Proteste und friedliche Methoden, um einen Wandel zu schaffen», sagte er nach einem Gespräch mit dem südafrikanischen Präsidenten Jacob Zuma in Pretoria. Allerdings wolle in dem Konflikt keine Partei ergreifen. «Das ägyptische Volk muss seinen Weg finden.»
Dieser Weg verheisst momentan nichts Gutes: Das ägyptische Militär kündigte an, es werde erneut einzugreifen, sollte die Gewalt überhandnehmen. Man werde den «Willen des Volkes» verteidigen, hiess es. Auf welche Seite sich die Armee stellen würde, ist schwer einzuschätzen.