Im Kampf um die politische Macht in Thailand sind in der Hauptstadt Bangkok Tausende Regierungsanhänger und -gegner auf die Strasse gegangen.
Proteste gegen Yinglucks Amtsenthebung
Mehrere Tausend Regierungsanhänger – Rothemden genannt – versammelten sich im Norden der Metropole, 25 Kilometer entfernt. Sie protestierten gegen die Amtsenthebung der Regierungschefin Yingluck Shinawatra vor drei Tagen. Die Polizei war mit über 15'000 Beamten im Einsatz. Zusammenstösse gab es zunächst nicht.
Die Rothemden stehen loyal zur Regierung, die vor allem im ärmeren ländlichen Nordosten und damit in der Mehrheit der Bevölkerung Rückhalt hat. Yingluck wurde 2011 mit grosser Mehrheit demokratisch gewählt.
Die Rothemden betrachten die Amtsenthebung als unfaire Einmischung des höchsten Gerichts. «Die Rothemden kämpfen weiter, wir geben nicht auf!», sangen sie bei ihrer Kundgebung. «Wir kämpfen für die Demokratie», sagte Taxifahrer Boonmee. «Wir werden nicht tatenlos zusehen, wenn die verwöhnten Reichen sich die Macht unter den Nagel reissen.»
Opposition besetzt Fernsehsender
Die Regierungsgegner, viele von ihnen Angehörige der städtischen Mittelschicht, belagerten ihrerseits bei sengender Hitze den Regierungssitz und mehrere Fernsehsender in der Innenstadt Bangkoks.
Die Regierungsgegner hatten seit November mit Massendemonstrationen vergeblich versucht, die Regierung zu stürzen.
Ihnen ist Yinglucks Bruder Thaksin ein Dorn im Auge, der die Regierung aus dem Exil massgeblich dirigiert. Sie werfen ihm vor, das Land zum eigenen und zum Vorteil seiner Vertrauten auszubeuten.
Opposition fordert Übergangsregierung
Die Oppositionellen fordern eine ungewählte Übergangsregierung, die mit Reformen sicherstellen soll, dass Thaksin nie wieder politischen Einfluss bekommt.
Ihr ausserparlamentarisches Bündnis PDRC wird vor allem aus den wohlhabenderen Schichten der Gesellschaft unterstützt.
Ihr Protestanführer Suthep Thaugsuban hat ein Ultimatum gestellt: Das Kabinett solle innerhalb von drei Tagen zurücktreten. Sonst werde die PDRC die Regierung stürzen – wie, sagte er nicht.
Seine Anhänger besetzten teilweise Fernsehsender und verlangten, dass dort nur noch Informationen aus dem Oppositionslager gesendet werden.
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch und der Journalistenverband verurteilten das scharf. «Die Besetzung von Fernsehstationen und Bedrohung der Journalisten sind nicht nur illegal, sondern zeugen auch von einer hässlichen Missachtung der Pressefreiheit», teilte Human Rights Watch mit.
Armee muss neutral bleiben
Armeechef Prayuth Chan-ocha sagte in einer Radioansprache, ein Militärputsch könne die politischen Probleme nicht lösen. Die Armee müsse neutral bleiben. Sie hatte 2006 gegen Thaksin geputscht, aber das Volk wählte ein Jahr später wieder einen Thaksin-Weggefährten an die Macht.
Die Shinawatras: Eine Geschichte in Bildern
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Bild 1 von 12Legende: Thaksin Shinawatra wurde 2001 zum thailändischen Ministerpräsidenten gewählt – und 2006 wieder aus dem Amt gejagt. Reuters
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Bild 2 von 12Legende: Kurz vor der Wahl im Juli 2011 zeigte sich die Schwester des ehemaligen Regierungschefs, Yingluck Shinawatra, an einer Wahlparty ihrer Puea-Thai-Partei («Für Thais») zuversichtlich. Reuters
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Bild 3 von 12Legende: Zeitunglesen nach der Wahl: Die damals politisch völlig unerfahrene Schwester von Thaksin geriet auf einen Schlag ins Rampenlicht. Reuters
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Bild 4 von 12Legende: Ein Reisbauer in einer nordöstlichen Provinz des Landes. Besonders die armen Städter und Bauern unterstützen die Regierungspartei. Yingluck Shinawatra war unter anderem wegen Korruption angeklagt. Ihr teures Reis-Subventionsprogramm habe diese in Thailand gefördert, so die Antikorruptionsbehörde des Landes. Reuters
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Bild 5 von 12Legende: Junge Frauen in traditioneller Kleidung verlassen einen buddhistischen Tempel im Nordosten des Landes. Die Farbe ihrer Kleider ist nicht zufällig gewählt: Die Unterstützer von Thaksin Shinawatra werden auch «Rothemden» genannt. Besonders die Landbevölkerung steht hinter dem ehemaligen Regierungschef der sich im Exil befindet. Reuters
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Bild 6 von 12Legende: Gespaltenes Land: Die Bewohner des berüchtigten Klong-Toey-Slum in Bangkok sind Shinawatra-Anhänger, sogenannte «Rothemden». Ihnen stehen mittelständische Beamte, die Oberschicht und Geschäftsleute entgegen, aus denen sich die «Gelbhemden» zusammensetzen. Reuters
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Bild 7 von 12Legende: Die «Gelbhemden» hatten es 2008 während ihrer Demonstrationen geschafft, dass die Flughäfen in Bangkok geschlossen wurden. Damit wollten sie Thaksins Einreise in das Land verhindern. Reuters
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Bild 8 von 12Legende: Thaksin Shinawatra posiert 2011 in seiner Residenz in Dubai. Seit 2006 lebt der ehemalige Ministerpräsident im Exil. Er hatte sich zwei Jahre nach seinem Sturz und kurz vor einer Verurteilung zu zwei Jahren Haft wegen Amtsmissbrauchs abgesetzt. Reuters
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Bild 9 von 12Legende: Auch im Februar dieses Jahres war es wieder zu Zusammenstössen zwischen oppositionellen Demonstranten und Polizisten gekommen. Auslöser für die Ausschreitungen waren Versuche gewesen, den im Exil weilenden Ex-Ministerpräsidenten Thaksin mithilfe eines Amnestiegesetzes wieder ins Land zu bringen. Reuters
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Bild 10 von 12Legende: Demonstranten gegen die Shinawatra-Geschwister im vergangenen März. Oppositionelle sind überzeugt, dass Yingluck als «Thaksins Marionette» fungiert. Damals hatte er seine Schwester als «mein Klon» bezeichnet. Reuters
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Bild 11 von 12Legende: Thailands Regierungsschefin Yingluck Shinawatra am 6. Mai 2014, ein Tag vor der Urteilsverkündung. Das höchste Gericht des Landes sprach sie des Verfassungsbruchs schuldig. Es enthob sie und neun Minister des Amtes. Reuters
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Bild 12 von 12Legende: Oppositionelle jubeln nach der Urteilsverkündung gegen Yingluck in der thailändischen Hauptstadt Bangkok. Reuters