Mit Schaufeln und Äxten hatten die Islamisten die jahrhundertealte Mausoleen in Timbuktu in Mali im Jahr 2012 zerstört. Die Extremisten sahen darin eine Abweichung vom Islam. Der Angeklagte Ahmad al Faqi al Mahdi will sich im am Montag beginnenden Prozess am internationalen Strafgerichtshof in Den Haag für die Tat schuldig bekennen.
Das Urteil könnte von grosser Bedeutung sein, da Mali kein Einzelfall ist. Zahlreiche Unesco-Weltkulturerbestätten, wie das antike Palmyra in Syrien, sind in den letzten Jahren zerstört oder stark beschädigt worden.
Zeichen der Staatengemeinschaft
Kunstrechts-Experte Andrea Raschèr spricht daher beim Prozess von einem wichtigen Präzedenzfall.
Auch wenn am Montag kein Staat, sondern nur ein Einzeltäter vor Gericht steht. «Die Staatengemeinschaft sagt, das tolerieren wir nicht. Kulturgut ist identitätsstiftend. Wenn man Kulturgut zerstört, erniedrigt man auch eine Religionsgemeinschaft – ein Volk. Mit diesem Prozess wird zum ersten Mal ein klares Zeichen gesetzt», erklärt Raschèr gegenüber SRF.
Der politische Druck hat in den letzten Monaten stark zugenommen. Denn viele Terrorgruppen finanzieren sich auch mit dem Verkauf von gestohlenen Kulturgütern. Und benutzen die Zerstörungen systematisch als Propaganda- und Kriegsmittel.
Prozess schützt nicht vor weiteren Zerstörungen
Der ehemalige Vize-Direktor im Nationalmuseum von Aleppo bleibt trotz des Prozesses skeptisch. «Der Prozess ist ein wichtiger, symbolischer Schritt. Aber für die Menschen vor Ort verändert er nichts», sagt Mohamad Fakhro. Nur wenn die Kulturstätten besser geschützt würden, könnten die Zerstörer tatsächlich abgeschreckt werden. Ansonsten werde die Identität von uns allen vor unseren Augen zerstört, so der jetzige Doktorand an der Universität Bern.
Auch dank Geldern aus der Schweiz sind in Mali mittlerweile die meisten Mausoleen wieder aufgebaut. Der Prozess gegen al Faqi al Mahdi kann weitere Zerstörungen nicht verhindern. Doch verdeutlicht er, wie wichtig die Kulturstätten für die Identität der Völker sind.
Gefährdetes Weltkulturerbe in Syrien
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Bild 1 von 7. Blick auf die historische Oasenstadt Palmyra: Die Ruinen aus den ersten Jahrhunderten nach Christus machen die Stadt zu einem der wichtigsten Komplexe antiker Bauten im Nahen Osten. Ende August 2015 zerstörte die Terrormiliz IS Teile des Weltkulturerbens. Die Unesco hatte zuvor gewarnt, eine Zerstörung Palmyras müsse verhindert werden. Bildquelle: Unesco/Ron Von Oers.
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Bild 2 von 7. Anfang Oktober 2015 sprengten die Terroristen den rund 2000 Jahre alten Triumphbogen (Hadrianstor) der Stadt. Ende März 2016 gab die syrische Armee die vollständige Rückeroberung von Palmyra bekannt. Bildquelle: Keystone.
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Bild 3 von 7. Bedroht vom Bürgerkrieg ist auch die Altstadt von Damaskus. Sie zählt 125 Monumente aus verschiedenen Epochen. Das wichtigste Monument ist die Grosse Umayyaden-Moschee. Damaskus ist die älteste Stadt im Nahen Osten und eine der ältesten Städte der Welt, die ständig bewohnt wurden. Bildquelle: Unesco/Francesco Bandarin.
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Bild 4 von 7. Die Burg Krak des Chevaliers liegt am Rande des Alawitengebirges und gilt gemeinsam mit der Festung des Saladin als Kulturerbe. Die Burg galt als eine der stärksten Festungen der Kreuzfahrer im Heiligen Land im 12. und 13. Jahrhundert. Bildquelle: Unesco/Ron Von Oers.
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Bild 5 von 7. Die Altstadt von Aleppo hat im syrischen Bürgerkrieg stark gelitten. Sie gehört seit 1986 zum Unesco-Weltkulturerbe. Aleppo geht auf das zweite Jahrtausend vor Christus zurück. Die Stadt war Kreuzpunkt verschiedener Handelsstrassen. Hier herrschten die Assyrer, die Araber, Mongolen, Mameluken und Ottomanen. Bildquelle: Unesco/Ron Von Oers.
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Bild 6 von 7. Bereits 1980 wurde die Altstadt von Bosra im Süden Syriens mit ihrem berühmten Amphitheater auf die Unesco-Liste gesetzt. Bosra war einst Hauptstadt der römischen Provinz Arabia und lag auf der Karawanenstrasse nach Mekka. Berühmt sind auch die Marak-an-Nama-Moschee, Überreste von Thermen und eine eindrückliche Säulenstrasse. Bildquelle: Unesco/Ron Von Oers.
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Bild 7 von 7. Baqirha ist eine antike Siedlung im Nordwesten Syriens. Sie gehört zu den «Toten Städten», die neu auf der Liste gefährdeter Denkmäler stehen. Dabei handelt es sich um Ruinen von etwa 650 ehemaligen Dörfern aus spätrömischer und frühbyzantinischer Zeit. Bildquelle: Unesco/François Cristofoli.