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Vorwahlen in Frankreich Ist die Linke in Frankreich chancenlos? 7 Fragen, 7 Antworten

Am 7. Mai 2017 wählt Frankreich einen neuen Staatspräsidenten. Die Linken spielen dabei nur eine Nebenrolle – sie können sich nicht auf einen Kandidaten einigen. SRF-Korrespondent Charles Liebherr nimmt Stellung.

1. Was ist derzeit das Problem der Linken in Frankreich?

Charles Liebherr: Die Linke in Frankreich ist zersplittert. Das war sie zwar schon immer. Anders als vor früheren nationalen Wahlen scheint aber diesmal keine Einigung auf einen Präsidentschaftskandidaten mehr möglich.

2. Was sind die Gründe für die Zersplitterung?

2012 verständigten sie die linken Parteien darauf, in den Vorwahlen jenen Kandidaten zu bestimmen, der gegen den damaligen Präsidenten Nicolas Sarkozy gewinnen kann. Das war der kleinste gemeinsame Nenner. François Hollande wurde dieser Kandidat.

Seine Wirtschaftspolitik als Präsident spaltete jedoch die Linke schnell wieder. Sogar innerhalb der regierenden Sozialisten stellte sich der linke Parteiflügel gegen Hollande. Und weil der eingeschlagene Kurs keinen schnellen Erfolg brachte, die Zahl der Arbeitslosen also nicht kleiner wurde, wandte sich ein grosser Teil der linken Bündnisses gegen Hollande.

Charles Liebherr

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Seit 2014 ist Charles Liebherr Frankreich-Korrespondent von Radio SRF. Er studierte in Basel und Lausanne Geschichte, Deutsche Literatur- und Sprachwissenschaft sowie Politologie. Davor war er beim Schweizer Radio unter anderem als Wirtschaftsredaktor tätig.

3. Warum ist die einst grosse Sozialistische Partei am Boden?

Die Sozialistische Partei in Frankreich führte nie eine parteiinterne Reformdebatte so wie in Deutschland oder Grossbritannien. Das heisst, die Parteimitglieder mussten sich in der Wirtschaftspolitik nie auf einen gemeinsamen Kurs einigen.

Der eher reformorientierte, rechte, sozial-demokratische Flügel und ein linker Flügel, der keine liberale Wirtschaftspolitik wollte, politisierten unter dem gleichen Dach weiter wie immer. Die fehlende Reformdebatte zeigt sich 2017 als historisches Versäumnis.

4. Wie kann die Sozialistische Partei ihre frustrierte Stammwählerschaft zurückgewinnen?

Zurückgewinnen lässt sich eigentlich nichts. Die enttäuschten linken Wähler haben ja viele Alternativen. Für viele ist Emmanuel Macron mit seinem liberalen Mitte-links-Kurs besser.

Links von den Sozialisten ist die Alternative Jean-Luc Mélenchon. Und sogar jene die immer noch die Sozialisten wählen wollen, können zwischen grob zwei Lagern entscheiden. Unter diesen Vorzeichen gibt es nichts zu gewinnen.

5. Droht gar ein Zerfall der Sozialistischen Partei?

Die Partei ist schon zerfallen. Die Niederlage ist fast programmiert. Nachher müssen sich die Sozialisten in jedem Fall neu positionieren, endlich das nachholen, was schon lange hätte gemacht werden sollen, nämlich eine gemeinsame Linie definieren. Gut möglich, dass die Sozialistische Partei das nicht unter einem Dach schafft. Dann ist es wahrscheinlich, dass sich das linke Lager ganz neu zusammenstellen wird.

6. Ist den Linken zu wenig bewusst, dass sie im Präsidentschaftswahlkampf nur mit geschlossenen Reihen eine Chance haben?

Natürlich wissen das alle im linken politischen Spektrum. Präsidentschaftswahlen lassen sich wegen des Wahlsystems nur geschlossen gewinnen. Anders ist das bei den nachfolgenden Parlamentswahlen. Viele Kandidaten des linken Flügels denken an ihre Stammwähler, um ihren Sitz im Parlament zu verteidigen. Darum wollen sie den regierenden Sozialisten nicht die Hand bieten. Sie kalkulieren, dass sich der Oppositionskurs innerhalb der eigenen politischen Familie letztlich eher auszahlen wird.

7. Kann die Linke bei den Präsidentschaftswahlen 2017 nur verlieren?

Ja, das Wahlsystem verlangt grosse homogene Parteien-Koalitionen, die gegeneinander antreten. Die Linke wird das nicht schaffen. Les Républicains und der Front National haben darum bessere Chancen, einer der ersten beiden Plätze im ersten Wahlgang der Präsidentschaftswahlen zu erreichen.

Alle Stimmen für das links-grüne Lager verteilen sich auf drei oder vier Kandidaten. Das kann arithmetisch nur für einen dritten Platz eines Kandidaten reichen. Das ist gleichbedeutend mit dem Ausscheiden. Die Stichwahl scheint im Moment unerreichbar für einen linken Kandidaten, egal wer es sein wird.

Fragen von Benedikt Widmer.

Fahrplan Präsidentschaftswahl Frankreich 2017

22. Januar: 1. Wahlgang Primärwahl der Sozialisten
29. Januar: 2. Wahlgang Primärwahl der Sozialisten
23. April: 1. Wahlgang Präsidentschaftswahl Frankreich
7. Mai: 2. Wahlgang Präsidentschaftswahl Frankreich

10 Fakten zu Frankreichs Wahlen

■ 2017 sind in Frankreich 45 Millionen eingeschriebene Wahlberechtigte aufgerufen, den neuen Präsidenten zu wählen.
■ Die Wahlbeteiligung in Frankreich ist traditionell deutlich höher als in anderen Staaten. 2012 betrug sie rund 80 Prozent.

■ Ein Präsidentschaftskandidat muss im Wahlkampf seine Vermögensverhältnisse deklarieren, sowie ein Kampagnenkonto bekanntgeben, das vom Staat kontrolliert wird.

■ Für den Wahlkampf darf ein Kandidat im ersten Wahlgang maximal 16,851 Millionen Euro ausgeben. Im zweiten Wahlgang liegt die Grenze bei 22,509 Millionen.

■ Spenden sind nur von Privaten und Parteien erlaubt, nicht aber von Firmen und sind pro Spender auf 4600 Euro limitiert.

■ Kandidaten, die im 1. Wahlgang mindestens fünf Prozent der Stimmen erhalten haben, bekommen vom Staat 47,5 Prozent des Ausgabenplafonds zurückerstattet (8 Millionen Euro). Wer den 2. Wahlgang erreicht, erhält max. 10,7 Millionen.

■ Wer im 1. Wahlgang mehr als 50 Prozent aller Stimmen erzielt, ist gewählt. Dies ist bisher jedoch noch nie vorgekommen.

■ Im 2. Wahlgang sind nur noch die zwei Kandidaten zugelassen, die im 1. Wahlgang am meisten Stimmen erhalten hatten.

■ Der Kandidat, der im 2. Wahlgang mehr Stimmen erhält, ist gewählt (relatives Mehr).

■ Ein Elektorensystem – wie es die USA kennen – wurde in Frankreich 1958 abgeschafft.

■ Der französische Präsident wird für fünf Jahre gewählt.

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