- Nachdem die EU das Haushaltsbudget von Italien abgelehnt hat, fordert insbesondere Österreich nun Konsequenz von der EU im Streit mit Rom.
- Italien bringe sich und andere Länder in Gefahr, wenn es gegen die Budgetvorgaben der EU verstosse, hiess es aus Österreich.
- Italien hat nun bis Montag Zeit, um auf die Bedenken der Union zu reagieren.
Aus dem Kreis der EU-Partner kam am Freitag der deutliche Aufruf, der Regierung in Rom Verstösse gegen die europäischen Vorgaben nicht durchgehen zu lassen. An den Finanzmärkten wuchsen die Sorgen, dass sich der Konflikt zu einer neuen Schuldenkrise ausweiten könnte. In Rom spitzte sich unterdessen ein Zwist der Regierungsparteien Lega und 5-Sterne-Bewegung über eine Steueramnestie zu.
Österreich, das derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat, forderte die EU-Kommission zu einer klaren Haltung gegenüber Italien auf. Kanzler Sebastian Kurz sagte, das Land bringe sich selbst und andere in Gefahr, wenn es gegen die europäischen Budgetvorgaben verstosse. Finanzminister Hartwig Löger mahnte: «Wir brauchen hier Disziplin und Konsequenz.»
Gravierende Verstösse
EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici hatte der Regierung in Rom am Donnerstag einen Brief geschickt, in dem ihr gravierende Verstösse gegen EU-Regeln vorgeworfen werden. Stein des Anstosses ist der Haushaltsentwurf für kommendes Jahr. Zur Finanzierung kostspieliger sozialpolitischer Wahlversprechen plant die populistische Koalition eine deutlich höhere Neuverschuldung als von der Vorgängerregierung in Aussicht gestellt.
Italien hat nun bis Montag Zeit, um auf die Brüsseler Bedenken zu antworten. Wenn die Regierung ihren Entwurf nicht ändert, könnte die EU-Kommission diesen eine Woche später (29. Oktober) zurückweisen. Es wäre das erste Mal, dass sie diesen Weg geht, seitdem sie diese Befugnisse 2013 erhalten hat. Dies könnte zusätzliche Unruhe an den Finanzmärkten auslösen.
Am Freitag lag der Risikoaufschlag für die zehnjährigen italienischen Staatsanleihen zu vergleichbaren Bundestiteln mit 336,4 Basispunkten so hoch wie zuletzt während der europäischen Schuldenkrise 2012. Die Verzinsung der italienischen Anleihen kletterte auf 3,78 Prozent und damit den höchsten Stand seit viereinhalb Jahren. Die Börse in Mailand büsste 1,7 Prozent ein. Zu den Verlierern zählten insbesondere die Aktien von Banken. Sie haben zahlreiche Staatsanleihen in den Bilanzen. Der italienische Bankenverband äusserte sich besorgt über den Haushaltsstreit und warnte vor schädlichen Folgen für die Finanzen von Staat, Firmen und Bürgern.
Bonität am Abgrund
Deutsche-Bank-Analyst Jim Reid bezeichnete das Warnschreiben der EU-Kommission als ungewöhnlich scharf. «Nächste Woche werden die Dinge bei diesen Spannungen wahrscheinlich weiter eskalieren», prognostizierte er. Bei der Ratssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) am Donnerstag könne die italienische Regierung keine Sympathiebekundungen erwarten. Am
Geldmarkt gehen die Anleger inzwischen davon aus, dass die erste EZB-Zinsanhebung seit Jahren später kommen wird als bislang erwartet, nämlich erst im Oktober 2019.
Ausserdem steht die Kreditwürdigkeit Italiens auf der Kippe. Die Ratingagentur S&P überprüft ihre Bonitätsnote am kommenden Freitag. Die Kollegen von Moody's haben dies ebenfalls bis Ende Oktober in Aussicht gestellt. Im Falle einer Herabstufung wäre Italien nur noch einen Schritt vom Abgrund des sogenannten «Ramsch»-Status entfernt. Sollte das Land dort hineinstürzen, dürften viele Investoren ihr Geld nicht mehr in italienische Staatsanleihen stecken.
Die Regierung in Rom wird derzeit zudem von einem internen Streit erschüttert. Dieser dreht sich um Pläne für eine Steueramnestie, die etwa acht Milliarden Euro in die Staatskasse spülen sollen. Bürger sollen gegen Zahlung einer begrenzten Summe ihren Streit mit dem Fiskus beilegen können. Das Projekt ist Teil des umstrittenen Haushaltsentwurfs. Nach Worten von 5-Sterne-Chef Luigi Di Maio wurde der Passus zu diesem Vorhaben nach Zustimmung seiner Partei im Kabinett manipuliert. Sein Lega-Kollege Matteo Salvini bestritt, dass es eine Regierungskrise gebe. Zugleich rief er den Koalitionspartner zur Beilegung des Streits auf. «Wir haben genug äussere Feinde.»