Sie nennen sie liebevoll «Maggie»: Die Fans der früheren britischen Premierministerin Margaret Thatcher sind stolze Konservative, welche die langjährige Parteichefin über den grünen Klee loben. Selbst neun Jahre nach ihrem Tod und 32 Jahre nach ihrem Ausscheiden aus dem Amt als Partei- und Regierungschefin ist Margaret Thatcher ein Fixstern in der britischen Politik.
Wer die beste Leaderfigur in der Geschichte der Tory-Partei gewesen sei, werden der Kandidat und die Kandidatin auf das höchste Amt in Partei und Regierung, Liz Truss und Rishi Sunak, an einem Wahlkampfanlass in Leeds gefragt. Beide antworten ohne zu zögern: «Margaret Thatcher».
«Thatcher hat das Land umgekrempelt»
Das Vereinigte Königreich sei in den 1980er Jahren als «der kranke Mann Europas» wahrgenommen worden. Margaret Thatcher habe das Land mit ihren Reformen umgekrempelt, begründet Liz Truss ihre Begeisterung für Thatcher. Und sie habe Grossbritannien wieder gross und stark gemacht.
Truss: «Ich spürte ein wachsendes Gefühl des Stolzes auf unser Land und einen wachsenden Optimismus für unsere Zukunft. Ich glaube, der Höhepunkt war, als wir die Berliner Mauer fallen sahen. Als wir sahen, wie die Freiheit und die Demokratie und der Stolz auf unsere Werte den Rest der Welt beeinflussten.»
«Ich bin ein Thatcherist»
Rishi Sunak preist Thatchers Mut zu Beginn ihrer Zeit als Premierministerin – als eine zweistellige Inflation Land und Leute belastete: «Auch wenn es hart ist, sie verstand, dass sie zuallererst die Inflation in den Griff bekommen musste – und damit gleichzeitig die öffentlichen Ausgaben und die neuen Kredite.» Das sei Thatchers Mantra gewesen, sagt Sunak, das er auch verfolge.
Der 42-jährige frühere Goldman-Sachs-Banker verspricht, er werde das Land mit Reformen im Thatcher-Stil wieder in Schwung bringen: «Meine Werte sind jene von Thatcher: Ich glaube an harte Arbeit, Familie und Aufrichtigkeit. Ich kandidiere als Thatcherist und werde regieren wie ein Thatcherist.»
Margaret Thatchers Name zieht bis heute
Dass sich Rishi Sunak und Liz Truss auf die langjährige starke Frau der Partei beziehen, geschieht mit Kalkül: Erbe und Gedankengut von Margaret Thatcher sind ein Integrationsfaktor der Partei. 56 Prozent der Konservativen sagten im Juni 2019 in einer Umfrage von YouGov, der «Thatcherismus» sei ihnen wichtig. Es war der meistgenannte Punkt – weit vor weiteren konservativen Schlagworten wie der freie Markt (von 43 Prozent der Mitglieder genannt), Tradition (31 Prozent) oder Sozialliberalismus (30 Prozent).
«Thatcher einte die konservative Partei», sagt Historiker Anthony Seldon gegenüber dem Politmagazin Politico. «Niemand hat drei Parlamentswahlen gewonnen, die ganze Rechte hinter sich geschart und Grossbritannien das Gefühl von Stärke zurückgegeben, wie sie. Ihr gelang dies alles.»
Seldon hat mehrere Bücher über britische Premierminister geschrieben und sagt zum aktuellen Wahlkampf: «Beide Kandidierenden wollen jene Person sein, die dasselbe Kunststück vollführen kann.» Dass Thatcher gerade jetzt wieder in aller Munde ist, kommt laut dem Polit-Historiker nicht von ungefähr: «Die Partei weiss nicht mehr, wofür sie steht und was sie will.»
Sogar die Labour-Partei freut Thatchers Comeback
So stark sich viele Konservative mit Margaret Thatcher identifizieren können, für die oppositionelle Labour-Partei ist sie bis heute ein rotes Tuch. Thatchers Liberalisierungs- und Privatisierungspolitik, die Massenarbeitslosigkeit in den 1980er Jahren sowie ihr Feldzug gegen die Gewerkschaften sind unvergessen. Das machte – und macht – Thatcher zum Lieblingsfeindbild von Labour.
Vor den nächsten Wahlen wird Labour jetzt wieder argumentieren können, dass es die Konservativen mit der Hilfe für diese Gebiete und für Bedürftige nicht ernst meinten.