Darum geht es: Das russische Aussenministerium hat bekannt gegeben, dass es der Leiterin des ORF-Büros in Moskau, Carola Schneider, die Akkreditierung entzogen und sie aufgefordert hat, das Land zu verlassen. Die Ausweisung Schneiders ist der jüngste Schritt der russischen Behörden gegen ausländische Journalistinnen und Journalisten im Land.
Der Hintergrund: Das Ministerium hat damit auf die Ausweisung einer Journalistin der russischen Nachrichtenagentur Tass durch Österreich reagiert. Bereits vor zwei Wochen hatte das Aussenministerium die ORF-Korrespondentin Maria Knips-Witting aufgefordert, Russland zu verlassen – was als Reaktion auf den Entzug der Akkreditierung des Tass-Korrespondenten Ivan Popov durch Österreich bezeichnet wurde.
Hinweise auf Spionage: Insbesondere bei Popov gab es starke Hinweise, dass er in Wien als Agent tätig war. Laut österreichischen Medien hat ihn die Spionageabwehr als Mitarbeiter des russischen Auslandsgeheimdienstes enttarnt, wie SRF-Korrespondent David Nauer erläutert. Es sei auch verdächtig, dass die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass in Wien eigentlich in aller Regel nur einen Korrespondenten habe – aber erst vor kurzem eine zweite Person entsandte. Und das, obwohl in letzter Zeit eher wenig aus Österreich berichtet würde. «Ausserdem muss man sagen, dass der betreffende Mann früher auch in Slowenien als angeblicher Korrespondent für die Tass gearbeitet hat – und dort für längere Zeit offenbar kaum Artikel geschrieben hat», sagt Nauer. Im Fall der Journalistin sei die Faktenlage weniger klar.
Die Situation für Journalistinnen und Journalisten in Russland: Derzeit läuft in Russland der Prozess gegen den inhaftierten US-Journalisten Ivan Gershkovich. Die russischen Behörden werden ihm Spionage vor – obwohl er offiziell als Korrespondent akkreditiert war und bloss seinen Job gemacht hat. Die Verhaftung hat wohl einen Zweck, wie Nauer ausführt. «Die ausländischen Journalisten in Russland sollen eingeschüchtert werden.»
Kommt hinzu, dass es in Russland praktisch Zensurgesetze gibt. «Wer zum Beispiel über russische Kriegsverbrechen in der Ukraine berichtet, riskiert eine langjährige Haftstrafe», so Nauer. In so einem Umfeld sei es schwierig geworden für Korrespondentinnen und Korrespondenten, überhaupt noch zu arbeiten.
Subtile Taktiken gegen die ausländische Presse: Laut SRF-Korrespondenten sind ausländische Medienschaffende bereits mehrfach verfolgt und gefilmt worden. Die Aufnahmen wurden dann veröffentlicht, die Korrespondentinnen und Korrespondenten demnach diskreditiert. «Das ist eine Art Warnschuss», sagt Nauer.
Auch seien Wohnungseinrichtungen von ausländischen Medienschaffenden plötzlich umgestellt worden, ein Zeichen dafür, dass jemand in der Wohnung gewesen sei.
Wenn man so will, verschwindet Russland teils hinter einem eisernen Informationsvorhang.
Die Konsequenzen: «Wenn man so will, verschwindet Russland teils hinter einem eisernen Informationsvorhang», sagt der SRF-Korrespondent. Dies habe zwei Gründe: Einerseits gebe es in Russland fast keine unabhängigen Medien mehr. Andererseits berichteten immer weniger ausländische Journalistinnen und Journalisten aus Russland. «Es gibt den Blick auf Russland aktuell zwar noch. Aber er wird immer enger.»