«49 Tage Isolationshaft, in einer unter vier Quadratmeter grossen Zelle. Ohne Kontrolle, über das was als nächstes kommt.» So beschreibt Jason Rezaian, ehemaliger Iran-Korrespondent der Washington Post die schlimmsten Tage seiner Gefangenschaft. «Sie wollen dich schwach machen, dass du sagst und tust, was sie wollen.» Das sei sehr erniedrigend. Aber glücklicherweise habe er überlebt.
Rezaian sagt, die Iraner hätten ihn als eine Art Pfand gesehen in den Verhandlungen rund um das Atomabkommen, zwischen dem Iran und sechs Weltmächten, angeführt von den USA. Im Sommer 2014 wurde er inhaftiert. Später ohne Belege und wegen angeblicher Spionage zu einer unbefristeten Gefängnisstrafe verurteilt.
Nach 544 Tagen kommt Rezaian kurz vor der Umsetzung des Atomabkommens frei. Auch dank Schweizer Diplomatie, dank der Botschaft in Iran und dem ehemaligen Schweizer Botschafter Giulio Haas. «Giulio Haas ist für mich ein Superman», sagt Jason Rezaian im Interview mit «10vor10». Fachlich kompetent, sehr menschlich und mutig habe er sich für ihn und seine Familie engagiert.
Doch Haas wirkte nicht alleine. Er war Teil eines Teams von Schweizer Spitzendiplomaten in Bern, Washington und Teheran, das half, Verhandlungen zwischen den USA und dem Iran durchzuführen. Rezaian wird deshalb Teil eines Gefangenen-Austausches der beiden Länder. Ein diplomatischer Erfolg für die Schweiz.
Auch John Limbert war lange in iranischer Gefangenschaft. Er war einer von 52 US-Bürgern die während der Geiselkrise 1979 bis 1981 auf der US-Botschaft in Teheran festgehalten wurden. Dies nachdem eine Gruppe Studenten die Botschaft der USA im Verlauf der Islamischen Revolutions besetzt hatte. Während der Krise übernahm die Schweiz die Vertretung der konsularischen und diplomatischen Interessen der USA. Und half mit, dass Limbert und seine Kollegen nach 444 Tagen frei kamen.
«10vor10» trifft den pensionierten Botschafter in Washington. Dieser erinnert sich an seine Schweizer Kollegen. «Diplomatie ist auch die Fähigkeit ruhig zu bleiben, emotionslos, die Fähigkeit, die andere Seite zu verstehen. Und erfahrungsgemäss waren meine Schweizer Kollegen immer sehr gut darin.» Limbert sagt weiter, die 14 Monate in Geiselhaft hätten ihn zu einem sehr starken Verfechter von Diplomatie gemacht. Denn wenn es keine Ordnung gebe, wenn Länder nicht miteinander redeten, dann herrsche Anarchie.
Eine Umarmung vom Schweizer Botschafter
Auch Jason Rezaian profitierte, dass der Gesprächskanal zwischen Washington und Teheran offen blieb. In seinem Buch «Prisoner» beschreibt er den schicksalhaften Tag seiner Freilassung. Rezaians Frau und seine Mutter, die die im Iran ausgeharrt hatten, sind am Flughafen in Teheran nicht auffindbar. Beide sollten mit ihm ausfliegen.
In diesen bangen Stunden trifft Rezaian den Schweizer Botschafter Haas. Dieser macht ihm Mut: «Wir kriegen das hin. Das Ganze ist zu weit fortgeschritten. Geben Sie mir eine Umarmung». Rezaian schreibt: «Der Schweizer, den ich eben erst kennengelernt hatte, drückte mich und ging.»
Botschafter Haas setzt über Bern noch einmal alle Hebel in Bewegung, bis hinauf zu den Aussenministern Kerry und Zarif. Dann das Happy-End: Im Schweizer Bundesratsjet dürfen Rezaian, seine Frau und seine Mutter das Land verlassen. Für alle drei, aber vor allem für Jason geht eine traumatische Zeit zu Ende.
Heute arbeitet Rezaian für die Washington Post in den USA. Giulio Haas ist Botschafter in Spanien. Er und sein ehemaliger Kollege in Washington wären bereit gewesen, mit 10vor10 über ihre Erfahrung zu reden. In einem inhaltlich klar abgesteckten Rahmen. Und ohne Geheimes öffentlich zu machen. Aber das eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten in Bern lehnte alle Interviewanfragen ab.