Im zentralamerikanischen Guatemala sind Abtreibungen verboten. Die niederländische Nicht-Regierungs-Organisation «Women on Waves» findet, dass auch diese Frauen das Recht haben sollen, zu entscheiden, ob sie abtreiben wollen oder nicht. Sie bietet deshalb Abtreibungen an – auf einem Schiff in internationalen Gewässern.
Mit an Bord ist auch der österreichische Gynäkologe Christian Fiala.
SRF: Ist dieses Vorgehen vollkommen legal?
Christian Fiala: Wir haben in keiner Weise vor, ein Gesetz zu brechen. Wir hatten die Absicht, einfach mit den Frauen einen «Tagesausflug» in internationale Gewässer vorzunehmen. 12 Seemeilen ausserhalb der Küste gilt nicht mehr das Recht von Guatemala, sondern das Recht des Schiffes.
Da das Schiff in Österreich registriert ist, gilt auch das österreichische Gesetz, in welchem Abtreibungen legal sind. Somit wäre nach dem Buchstaben des Gesetzes alles rechtlich gewesen.
Sie sagen wäre. Hat der Plan also nicht funktioniert?
Nein, die guatemaltekische Regierung hat internationales und nationales Gesetz verwechselt. Sie konnten uns deshalb daran hindern, die Abtreibungen vorzunehmen und den Frauen zu helfen – Frauen die die Regierung im Stich lässt.
Sie konnten noch keine Abtreibung durchführen, trotzdem sprechen Sie von Erfolg. Können Sie dies erklären?
Das Ziel war nicht die medizinische Versorgung von Guatemala zu übernehmen, das können wir gar nicht. Es geht darum den Schwangerschaftsabbruch zu legalisieren. Dies kann nur geschehen, wenn wir die Leute informieren.
Dank unserer Aktion war das Thema über Tage in den Medien und wurde von allen Seiten beleuchtet. Es hat so eine massive Sensibilisierung stattgefunden. Organisationen und Personen haben sich für die Legalisierung ausgesprochen. Deshalb ist die Regierung auch so wütend, sie können die öffentliche Diskussion nicht wieder zurück in die Flasche stecken.
Es geht hier um einen medizinischen Eingriff. Wie sicher ist dieser Vorgang?
Es ist einer der sichersten Eingriffe überhaupt. Der Abbruch unterscheidet sich nicht von einer natürlichen Fehlgeburt. Die Erfahrung, die wir seit dreissig Jahren in Europa haben zeigt, dass die Frauen den Vorgang ohne Probleme managen können. Vor allem aber ist der medikamentöse Abbruch viel sicherer als ein illegaler Abbruch, der sonst an der Tagesordnung ist in Guatemala.
Wenn die Frauen das Schiff verlassen, mit welchen Folgen müssen sie rechnen?
Sie haben juristisch nichts zu befürchten, da sie nichts Illegales in Guatemala getan haben. Auch kann niemand nachweisen, dass diese Frauen einen medikamentösen Abbruch hatten. Falls trotzdem – was äusserst selten ist – eine stärkere Blutung auftritt, müssen sich die Frauen an die lokalen medizinische Vorsorge halten.
Sie sind von ihrer Aktion vollkommen überzeugt, was ist Ihre persönliche Motivation?
Meine politische Forderung ist, dass man den Frauen mehr Selbständigkeit gewährt. Das versuchen wir mit dieser Aktion zu erreichen. Denn die Gesundheit der Frauen ist in jenen Ländern am Grössten, in welchen sie möglichst frei über ihre Fruchtbarkeit bestimmen können.
Als Arzt und Mann kann ich zu 100 Prozent hinter dieser Forderung stehen – wir Männer sind ja auch fundamental von den Frauen abhängig.
Das Gespräch führte Melanie Pfändler.