Das neue Kabinett von Premier Mark Rutte kommt Grau in Grau daher. Nur wenige Frauen, und kein einziges Mitglied mit Migrationshintergrund, obwohl es in den Niederlanden doch mehr Frauen gibt als Männer, und in den grossen Städten mehr als die Hälfte ausländische Wurzeln hat. Wie will die Regierung so Vertrauen schaffen, fragen sich viele Niederländerinnen und Niederländer, deren Eltern aus Marokko, der Türkei oder aus Surinam stammen.
Vertrauter Kurs
Der Kurs, den die vier Koalitionsparteien einschlagen wollen, ist ein vertrauter rechter – manchmal auch ein rechtspopulistischer. So verknurrt die neue Regierung sämtliche Schulen, im Unterricht die Nationalhymne zu behandeln. Und ein Besuch im Reichsmuseum in Amsterdam und in der Tweede Kamer, im Parlamentsgebäude in Den Haag ist während der obligatorischen Schulzeit neuerdings auch Pflicht.
Dafür bläst Asylsuchenden zukünftig ein viel stärkerer Wind ins Gesicht. Nicht nur das Asylverfahren wird verschärft. Der neue Aussenminister Halbe Zijlstra, ein Hardliner in der rechtsliberalen Partei von Rutte, will sich in der EU stark machen für weitere bilaterale Abkommen, wie jenes mit der Türkei. Zijlstra, der auf dem diplomatischen Parkett komplett unerfahren ist, sagt selbst, er wäre auch dabei, wenn ein solches Abkommen mit einem Diktator geschlossen werden müsste – Hauptsache, es kämen weniger Flüchtlinge nach Europa. Ob Europa darauf vertraut?
Maut-System soll eingeführt werden
Die Lastwagenbranche hat auch kein Vertrauen ins neue Kabinett, weil es ein Maut-System einführen will. Allerdings hat die in den Niederlanden sehr wichtige Branche eine starke Lobby, die diese Pläne mit allen Mitteln torpedieren wird. Gut möglich, dass dies sogar gelingt, denn die 4 Regierungsparteien haben im Parlament nur gerade einen Sitz mehr als die Opposition.
Unter dem Strich ist der Inhalt des Koalitionsvertrages ein Mix von Altbekanntem und Bewährtem. Die einzig wirklich mutigen Zeilen betreffen Experimente mit reguliertem Hanfanbau, die die Regierung ermöglichen will. Damit geht ein grosser Wunsch der Weiche-Drogen-Branche in Erfüllung, die so den kriminellen Cannabis-Grossbauern das Handwerk legen möchte. So können wenigstens die Coffee-Shop-Besitzer etwas Vertrauen in die Zukunft haben.