Nach wochenlangen Protesten und gewalttätigen Ausschreitungen haben sich die Parteien in Chile auf den Weg zu einer neuen Verfassung geeinigt. Konzentrierte Machtbefugnisse und kaum Mitsprachemöglichkeiten in der aktuellen Verfassung aus der Pinochet-Zeit oder die gewaltigen Einkommensunterschiede sind nur zwei von vielen Ursachen für die sozialen Unruhen.
«Wasser ist ein Recht, keine Ware»
«Wasser ist ein Recht, keine Ware», war bei den Demonstrationen immer wieder auf Plakaten zu lesen . Denn in Chile sind Wasserressourcen und Wassermanagement zu 100 Prozent privatisiert. Und damit ist Wasser eine der am meisten umkämpften Ressourcen. Wenn die Chilenen eine neue Verfassung fordern – dann ist einer der Punkte, den sie darin geändert sehen möchten, das Recht auf Wasser.
Heute bekommen oft Unternehmen aus dem Agrar-, Bergwerks- und Forstwirtschaftssektor die Wasser-Nutzungsrechte. Ganze Dörfer müssen mit Tankwagen versorgt werden. Wenn die Chilenen auf den Strassen eine neue Verfassung fordern – dann ist einer der Punkte, den sie darin geändert sehen möchten, das Recht auf Wasser.
«Wir haben kein Wasser»
Dieser Ansicht ist auch Verónica Vilches. Sie spart Wasser, wo immer es geht. Was ihre Familie fürs Abwaschen oder Duschen braucht, sammelt sie in einem Becken vor dem Haus.
«Wir haben kein Wasser, und die Grossbauern haben gigantische Wasserbecken», beklagt sie sich. «Hier gibt es nicht genug Wasser, um zu duschen, wann du willst.»
Der Staat reguliert nicht, er vergibt die Nutzungsrechte für Wasser an Dritte. In der Region um Petorca etwa ist der Avocado-Anbau das Problem. Für ein Kilogramm der Früchte braucht es acht Mal mehr Wasser als für die gleiche Menge Kartoffeln.
Morddrohungen wegen Kampf um Wasser
Rodrigo Mundaca kämpft seit Jahren für das Recht auf Wasser und erhält deshalb sogar Morddrohungen. Selbst wenn Unternehmer Wasser illegal abzweigen, handelten die Behörden kaum, sagt er.
«Das Wasser muss ein Gemeingut sein und der Zugang ein Menschenrecht», fordert Mundaca. In Chile werde Wasser wie ein Rohstoff behandelt. Die Wasserbehörden müssten neu organisiert, es müssten Nutzungsprioritäten definiert und so das Leben der Menschen geschützt werden, die unter dem Wassermangel leiden, findet Mundaca.
Bei den Bürgerversammlungen, die seit Wochen überall im Land stattfinden, wird deshalb auch die Festschreibung des Rechts auf Wasser in der nun zu formulierenden Verfassung gefordert. Denn an einer Versorgung der Privathaushalte hätten die Anbieter mangels Rentabilität kein Interesse, meint Hydrotechnik-Student Maximiliano Peña.
Verónica Vilches leidet unter den Folgen des Wassermangels. Ihre Kühe sind bereits verdurstet. Sie hofft, dass die Proteste etwas bewegen. Und dass Wasser bald nicht mehr wie eine Ware behandelt wird.