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Kandidatur als CIA-Chefin Die Top-Agentin mit dem Bruch in ihrer Biographie

Beim CIA hat Gina Haspel eine Bilderbuchkarriere hingelegt – bis auf eine Ausnahme: Sie leitete ein Foltergefängnis.

Das Wichtigste in Kürze

  • Der US-Senat hat der Ernennung der umstrittenen Kandidatin Gina Haspel zur neuen Chefin des Geheimdiensts CIA mehrheitlich zugestimmt.
  • Sie ist in der 70-jährigen Geschichte des amerikanischen Ausland-Geheimdienstes die erste Frau an dessen Spitze.
  • Vor allem Demokraten, aber auch vereinzelte republikanische Senatoren warfen ihr vor, sich nicht genügend von früheren Folterpraktiken der CIA zu distanzieren.

Drei Monate in ihrem Berufsleben würde Gina Haspel wohl am liebsten streichen. Drei dunkle Monate in einer über 30-jährigen CIA-Bilderbuchkarriere.

Von Oktober bis Dezember 2002 leitete Haspel in Thailand eine sogenannte «Black Site», ein amerikanisches Geheimgefängnis, in dem Terrorverdächtige nach den Anschlägen auf das World Trade Center in New York, ohne Gerichtsverfahren inhaftiert, verhört und gefoltert wurden.

Folter widerspricht sowohl der Genfer Konvention wie auch amerikanischen Werten und wer damit zu tun hatte, sollte nicht noch belohnt werden.
Autor: Rand Paul Republikanischer Senator

«Enhanced interrogation» – erweiterte Verhörmethoden – hiess das damals beschönigend. Doch Schläge, Schlafentzug, schmerzhafte Fesselungen oder auch Waterboarding – das simulierte Ertränken von Gefangenen – ist Folter.

Und «Foltern ist unmoralisch», betont Rand Paul, republikanischer Senator aus Kentucky: «Es widerspricht sowohl der Genfer Konvention wie auch amerikanischen Werten und wer damit zu tun hatte, sollte nicht noch belohnt werden.»

Folter-Opfer McCain kritisiert Haspel

Paul will gegen Gina Haspels Ernennung zur CIA-Direktorin stimmen und auch sein Parteikollege John McCain würde, wenn er könnte. Der ehemalige Kriegsheld, der in Vietnam selber jahrelang gefoltert worden war, liegt sterbenskrank zu Hause in Arizona.

Vor Haspels Anhörungen bei der zuständigen Senatskommission demonstrierten Gegner der umstrittenen Verhörpraktiken im Krieg gegen den Terror.
Legende: «Keine Folter – keine Gina»: Vor Haspels Anhörungen bei der zuständigen Senatskommission demonstrierten Gegner. Reuters

Zwar verstehe er, in welchem Dilemma sich die Verantwortlichen nach den Terroranschlägen von 9/11 befunden hätten, liess McCain seine Senatskollegen in einem Brief wissen, doch Folter sei immer falsch und die Rolle, die Gina Haspel dabei gespielt habe «verstörend».

Haspel distanziert sich von Foltermethoden

Haspel versprach letzte Woche während einer Anhörung im Senat, in Zukunft unter keinen Umständen mehr Geheimgefängnisse und die damaligen Verhörmethoden zuzulassen. Sie weigerte sich allerdings, die damaligen Praktiken ausdrücklich als unmoralisch zu verurteilen – zum Ärger der demokratischen Senatorin Kamala Harris.

Gina Haspel vor der Senatskommission
Legende: Heute distanziert sie sich von den damaligen Foltermethoden. Was aber, wenn Trump derlei Praktiken einfordern würde? Reuters

Auch, dass Haspel fast 100 Videobänder löschen liess, auf denen die Folter-Verhöre zu sehen waren, werfen ihr die Demokraten vor. Die meisten werden deshalb gegen Haspels Beförderung stimmen, aber nicht alle. Dass im Kampf gegen den Terrorismus Menschenrechte geritzt werden dürfen, ist bis weit in die politische Mitte mehrheitsfähig.

Viel Rückhalt im Auslandgeheimdienst

CIA-intern gilt die Frau, die es von der einfachen Agentin, über diverse Führungsposten im Ausland, bis hinauf in die CIA-Teppichetage geschafft hat, ohnehin als ausgezeichnete Wahl. Nicht weniger als fünf ehemalige Direktoren unterstützen sie öffentlich, Republikaner, Demokraten und Parteilose wie Michael Hayden.

Haspel habe nur ihre Pflicht erfüllt, Befehle ausgeführt und im Übrigen damals geltendes Recht eingehalten, sagt Hayden. Es sei unredlich, moralische Massstäbe von heute auf die schlimme Zeit von damals anzuwenden. Im Übrigen fielen die erweiterten Verhörmethoden inzwischen auch in den USA wieder offiziell unter das Folterverbot. Zeit also, die alten Geschichten ruhen zu lassen.

Das scheint auch eine knappe Mehrheit im Senat so zu sehen und sie wird Gina Haspel wohl zur neuen CIA-Direktorin machen. Im Weissen Haus allerdings sitzt mit Donald Trump ein Präsident, der auch heute noch Folter gegen Terror-Verdächtige absolut richtig findet – und Gina Haspel ist seine Kandidatin.

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