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Kanzlerkandidaten am WEF CDU-Chef Merz mit selbstbewussten Ansagen, aber wenig Konkretem

Am WEF in Davos skizziert der womöglich zukünftige deutsche Kanzler seine Prioritäten für eine Regierung.

Friedrich Merz präsentierte sich am Dienstagabend beim Weltwirtschaftsforum WEF in Davos selbstbewusst und entschlossen. «Wir liegen in den Meinungsumfragen weit vor allen anderen und sind überzeugt, dass wir gewinnen werden», erklärte er mit Nachdruck. Seine Worte liessen keinen Zweifel daran, dass er fest an einen Wahlsieg in gut einem Monat glaubt.

Wirtschaft im Fokus, ohne klare Massnahmen

Das WEF bot Merz die ideale Bühne, um zentrale Punkte eines möglichen Regierungsprogramms zu skizzieren. An erster Stelle steht für ihn die Wirtschaft. Deutschland schöpfe sein Potenzial nicht aus, so seine Diagnose. Der Hauptgrund: mangelnde Wettbewerbsfähigkeit. «Wir müssen unsere strukturellen Defizite überwinden, vor allem in der Industrie», betonte Merz. Konkrete Massnahmen liess er jedoch offen.

Einschätzung von Deutschland-Korrespondentin Simone Fatzer

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«Friedrich Merz tritt selbstbewusst auf – und das zu Recht. Mit etwa 30 Prozent liegt die Union aus CDU und CSU klar vor der AfD (20 %), der SPD (16 %) und den Grünen (14 %). Doch Umfragen sind keine Garantie: Ein Fehltritt könnte die Dynamik kippen, wie die Vergangenheit zeigt. Merz scheint das zu wissen und setzt auf einen zurückhaltenden Wahlkampfstil, um keine Angriffsfläche zu bieten. Sein Ziel: Die Führung behaupten und den Wahlsieg nicht gefährden.

Was Merz Pläne zur Wirtschaft betrifft, setzt er auf klassische CDU-Themen: Steuern senken und Bürokratie abbauen. Unternehmen und Geringverdiener sollen entlastet und Abgaben für Gutverdiener gestrichen werden. Kritik gibt es an der Finanzierung: Laut Expertinnen und Experten reichen die geplanten Einsparungen nicht aus, um die Steuerentlastungen zu decken. Wie kompatibel Merz Wirtschaftsprogramm mit den potenziellen Koalitionspartnern ist, bleibt fraglich. Sein Plan, Gutverdiener zu entlasten und sozial Schwächere stärker zu belasten, steht im Kontrast zu den Positionen der SPD oder Grünen. Ein Knackpunkt könnte die Schuldenbremse sein. Merz unterstützt sie, zeigt aber Offenheit für Reformen.»

Das Gesprächsformat des WEF schien Merz in die Karten zu spielen, da es keine detaillierten Antworten erforderte. So blieb beispielsweise unklar, ob er eine Reform der Schuldenbremse unterstützen würde – ein Punkt, den Noch-Bundeskanzler Olaf Scholz in seiner Rede nur wenige Stunden zuvor angesprochen hatte.

Wohl fordernde Koalitionsverhandlungen

Auch in der Migrationspolitik, einem weiteren Schwerpunkt von Merz, mangelte es an Präzision. «500'000 Menschen sind in den letzten vier Jahren ohne jede Kontrolle nach Deutschland gekommen, das muss sofort gestoppt werden», forderte er. Doch ausser einem Ende des Familiennachzugs nannte er keine weiteren Massnahmen.

Merz ist sich bewusst, dass er für eine Regierungsbildung auf mindestens einen Koalitionspartner angewiesen sein wird. In möglichen Verhandlungen dürfte ihm weitaus mehr Gegenwind entgegenwehen als auf der internationalen Bühne des WEF.

SRF 4 News, 22.01.2025, 6.00 Uhr

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