- Carles Puigdemont ist offenbar nach Belgien gereist. Weitere Regierungsmitglieder sollen bei ihm sein.
- Der Ex-Regierungschef soll in Brüssel mit einem Anwalt gesprochen haben, berichtete die belgische Nachrichtenagentur Belga unter Berufung auf den Juristen.
- Zuvor hatte die spanische Staatsanwaltschaft Anklage gegen die ehemaligen katalanischen Regierungsmitglieder erhoben.
- Der Vorwurf gegen die Angeklagten laute unter anderem auf Rebellion, Auflehnung gegen die Staatsgewalt und Unterschlagung öffentlicher Gelder, sagte Generalstaatsanwalt José Manuel Maza in Madrid.
Puigdemonts Flucht zeuge «von Verzweiflung»: Dies sagte der Chefkoordinator der Volkspartei (PP) des spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy, Fernando Martínez Maíllo, vor Journalisten in Madrid.
Die Angeklagten würden als Beschuldigte zu Anhörungen vorgeladen, hatte Generalstaatsanwalt Maza zuvor erklärt. Man schliesse aufgrund der Schwere der Verbrechen keine Massnahmen – also Inhaftierung und anschliessende U-Haft – aus. Die Angeklagten hätten «eine institutionelle Krise verursacht, die mit einer einseitigen Unabhängigkeitserklärung (durch das katalanische Parlament) geendet» habe.
Offene Sympathien von flämischen Politikern
Namen nannte Maza keine, doch ist klar, dass die Massnahmen sich gegen den Regionalchef Carles Puigdemont, seinen Vize Oriol Jungueras und die katalanische Parlamentspräsidentin Carme Forcadell richten. Sollten sie wegen Auflehnung gegen die Staatsgewalt oder gar Rebellion verurteilt werden, drohen ihnen bis zu 30 Jahre Haft.
Nach Belgien könnte es Puigdemont und seine Anhänger gezogen haben, weil der belgische Staatssekretär für Asyl und Migration, Theo Francken, am Wochenende gesagt hatte, Katalanen, die sich politisch verfolgt fühlten, könnten in Belgien um Asyl ersuchen. Francken sitzt für die nationalistische flämische Partei N-VA in der belgischen Regierung. Diese setzt sich für eine stärkere Unabhängigkeit der niederländischen Sprachgemeinschaft ein.
Am Montag kommentierte der N-VA-Parteisprecher allerdings: «Wenn sich der frühere Regierungschef Kataloniens in Belgien aufhalten sollte, dann nicht auf Einladung der N-VA».
Amtsenthebung nicht anerkannt
Die Regierung von Spaniens konservativem Premierminister Mariano Rajoy hatte die Regionalregierung am Samstag offiziell abgesetzt. Am Montag sollte Madrid die Amtsgeschäfte in Katalonien übernehmen. Die Zwangsverwaltung der wirtschaftsstarken Autonomen Gemeinschaft soll mindestens bis zur Abhaltung der für den 21. Dezember einberufenen Neuwahlen laufen.
In einer TV-Rede hatte Puigdemont am Samstag durchblicken lassen, dass er seine Amtsenthebung nicht anerkennt. Der 54-Jährige rief die Anhänger der Unabhängigkeitsbewegung zum friedlichen «demokratischen» Widerstand auf und sagte, er wolle weiter für die Gründung eines «freien Landes» arbeiten. Danach spazierte er in seiner Heimatstadt Girona mit seiner Ehefrau und wurde von Passanten bejubelt.
150 Regierungsmitarbeiter müssen gehen
Neben Puigdemont waren auch die übrigen Mitglieder der Regierung in Barcelona ihrer Ämter enthoben worden. Insgesamt mussten 150 Regierungsmitarbeiter gehen. Auch die beiden Chefs der katalanischen Polizeieinheit Mossos d'Esquadra, Pere Soler und Josep Lluís Trapero, wurden abgesetzt.
Der spanische Innenminister Juan Ignacio Zoido hatte am Sonntag an die nationalen und katalanischen Polizeieinheiten appelliert zu kooperieren, um einen reibungslosen Ablauf der Wahl im Dezember zu gewährleisten.