Das ganze Ausmass der Flutkatastrophe Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen ist noch immer nicht vollständig überschaubar. Sicher ist, dass mehrere Dutzend Menschen umgekommen sind und viele noch vermisst werden. Es ist eine Katastrophe, wie sie Deutschland lange nicht erlebt hat. Die WDR-Journalistin Edda Dammüller schildert die aktuelle Situation in der Region.
SRF News: Wie prekär ist die Hochwasserlage derzeit in Nordrhein-Westfalen?
Edda Dammüller: Derzeit spitzt sich die Lage in einem Stadtteil von Erftstadt im Rhein-Erft-Kreis zu. Dort ist die Erft über die Ufer getreten und flutet jetzt den Ortsteil. Viele Bewohnerinnen und Bewohner hatten ihre Häuser zuvor trotz aller Warnungen nicht verlassen und wählen jetzt den Notruf. Dabei gibt es jetzt einige Schwierigkeiten, so vielen Menschen aufs Mal zu helfen.
Talsperren drohen überzulaufen.
Laut unserem Reporter vor Ort werden immer mehr Häuser unterspült, mehrere Häuser seien bereits eingestürzt. Die Rettung gestaltet sich schwierig. Es müssen mehrere Pflegeheime evakuiert werden, mindestens an einer Stelle trat unkontrolliert Gas aus. Auch andere Städte in der Region von Erftstadt bereiten sich auf eine ähnliche Situation vor, da die Talsperren drohen, überzulaufen.
Offenbar drohen mehrere überzulaufen oder zu brechen. Wo ist die Situation am bedrohlichsten?
Betroffen ist etwa die sehr grosse Rurtalsperre in der Eifel. Sie lief in der Nacht über, allerdings nicht derart massiv, wie man das befürchtet hatte. Die unterhalb davon liegenden Städte im Raum Jülich und Düren müssen sich auf Überschwemmungen einstellen.
Befürchtet wird das Schlimmste – passiert ist aber noch nichts
Möglicherweise kommt es aber nicht ganz so schlimm, wie zunächst befürchtet worden war. Problematisch ist die Situation auch an der Steinbach-Talsperre, wo der Damm tiefe Furchen aufweist und möglicherweise instabil ist, was heute näher untersucht werden soll. Die Ortschaften darunter wurden evakuiert und befürchten das Schlimmste. Passiert ist momentan allerdings noch nichts.
Ist in den betroffenen Gebieten immerhin eine Wetterbesserung in Sicht?
In der Tat ist in der betroffenen Region etwas Besserung in Sicht. Der deutsche Wetterdienst prophezeit immerhin keinen «Starkregen» mehr, bloss noch «etwas Regen». Man wird sich also in die Aufräumarbeiten stürzen können. Mobilfunk, Stromversorgung oder Trinkwasserversorgung sind in manchen Kreisen und Orten zusammengebrochen. Es wartet also sehr viel Arbeit auf die Helferinnen und Helfer hier in Nordrhein-Westfalen.
Wie schätzen Sie die Arbeit der Rettungs- und Hilfskräfte von Polizei, Feuerwehr und Bundeswehr ein?
Das lässt sich derzeit schwer sagen, das Gebiet ist sehr gross und die Situation sehr unterschiedlich. Man weiss, dass es in der Eifel Orte getroffen hat, die an Berghängen liegen und die massiven Regen-Abflussmengen nicht verkraften konnten. Im Vergleich etwa zu den Unwettern in Brandenburg gibt es in der Eifel viel weniger Fläche, wo sich das Wasser sammeln kann und es fliesst dann immer irgendwann an einem Ort zusammen.
Ein auf ein Beatmungsgerät angewiesenes Kind wurde mit einem Panzer gerettet.
Ich gehe davon aus, dass die Rettungskräfte ihr Äusserstes gegeben haben. Man tut, was man kann – so rettete die Bundeswehr in Hagen etwa ein Kind, das auf ein Beatmungsgerät angewiesen ist: Nachdem die Stromversorgung zusammengebrochen war, wurde das Kind letzten Endes von einem Panzer aus dem Haus geholt und an einen Ort gebracht, wo die Beatmungsmaschine wieder an den Strom angeschlossen werden konnte.
Das Gespräch führte Roger Aebli.