Bereits ein halbes Jahrhundert modert das Projekt für einen neuen Flughafen in Nantes in den Schubladen unzähliger französischer Amtsstuben. Schon Charles de Gaulle war von der Idee angetan. Sein Nachfolger Georges Pompidou versprach der Bretagne, dass bald die Concorde von Nantes in Überschall-Geschwindigkeit die ganze Welt erschliessen würde. Der aktuelle Premierminister Frankreichs, Edouard Philippe, war da noch nicht einmal geboren.
Geänderte Rahmenbedingungen
Trotzdem sollte es Philippe vorbehalten bleiben, die hochfliegenden Träume für einen neuen Flughafen in Nantes auf den Boden der politischen Realität zurückzuholen. «Ich stelle fest, dass die Rahmenbedingungen für einen neuen Flughafen nicht mehr gegeben sind.» Darum wolle die französische Regierung den bestehenden Flughafen ausbauen.
Es sei ein logischer Entscheid, um einen Weg aus der Sackgasse zu finden, meint der Premierminister. Der Entscheid könne aber gleichzeitig nur falsch sein, hat Philippe bereits im Vorfeld des Beschlusses gesagt. Denn Befürworter und Gegner eines Neubaus kämpfen seit Jahrzehnten mit allen politischen und rechtlichen Mitteln für ihre gegensätzlichen Interessen.
Weg des geringsten Widerstands
Drei unabhängige Experten hatten im Dezember einen Ausweg aus der Sackgasse eröffnet. Die Mediatoren konsultierten alle Seiten und kamen zum Schluss, dass beide Optionen – Neubau oder Ausbau – gleichwertig seien. Die Regierung hat sich nun für den politisch weniger heiklen Weg entschieden.
Seit Jahren besetzen Umweltaktivisten zusammen mit einer Handvoll Bauern, die sich nicht enteignen lassen wollten, das für den Bau des neuen Flughafens reservierte Gelände im Norden von Nantes. Damit sich diese nun nicht als Sieger fühlen können, will die Regierung das Gelände in ein paar Wochen räumen lassen. Ehemalige Landbesitzer sollen ihre Felder und Bauernhöfe wieder beziehen können.
Ein hoher Preis
Der Ausbau des bestehenden Flughafens kann rasch beginnen. Der Regierung stehen allerdings komplizierte Verhandlungen bevor. Denn die Betreiberfirma des aktuellen Flughafens hätte auch den neuen Flughafen bauen sollen.
Es ist damit zu rechnen, dass sie für die jahrelange Planung finanziell entschädigt werden will – wahrscheinlich also, dass die aktuelle französische Regierung für grosse Versprechen aus vergangenen Zeiten einen hohen Preis bezahlen muss.