In Deutschland nehmen die Kirchenaustritte seit Jahren zu. 2019 erreichten sie mit über einer halben Million einen Höchststand. Besonders gravierend ist die Lage bei der katholischen Kirche in Köln.
Dort scheint der Kardinal die Aufarbeitung von sexueller Gewalt in seinem Bistum zu verschleiern. Über 200 Kleriker sollen sich an Kindern und Jugendlichen vergangen haben. Die Vorgänge in Köln gaben diese Woche beim jährlichen Treffen der deutschen Bischöfe viel zu reden.
Was die deutschen Bischöfe sich in den letzten Jahrzehnten in Köln erlaubt haben, gehört an den Pranger.
Im Kreuzfeuer der Kritik steht Kardinal und Erzbischof von Köln, Rainer Maria Woelki. Seit Monaten hält er ein Gutachten unter Verschluss, das sexuelle Gewalt in seinem Bistum hätte aufarbeiten sollen.
Gutachten unter Verschluss
Erst nach öffentlichem Druck gibt er sich selbstkritisch: «Sicher habe ich hier auch Schuld auf mich geladen. Das alles tut mir von Herzen leid.» Ändern will er trotzdem nichts. Das Gutachten bleibt geheim, bis ein Gegengutachten erstellt ist.
Vielen Gläubigen reicht es. Im Amtsgericht Köln brach diese Woche der Server zusammen, weil Tausende gleichzeitig aus der Kirche austreten wollten. Im Januar gab es fast doppelt so viele Kirchenaustritte wie im vergangenen Jahr.
Es sind Menschen wie Wilfried Dohnen, Zeit seines Lebens ein überzeugter Katholik. Kardinal Woelki hält er für untragbar: «Das war der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Herr Woelki hat da meiner Meinung nach komplett gegen die Kirche und gegen die Menschen gehandelt.»
Nur öffentliche Kritik möglich
Den Vertrauensverlust spüren auch andere Bischöfe. Mehr als öffentliche Kritik bleibe ihm nicht, sagt Georg Bätzing, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. Und die ist deutlich: «Es ist ein Desaster, der Kardinal hat es selber gesagt. Das Krisenmanagement ist schlecht gewesen, und es ist weiterhin schlecht.»
Es ist ein Desaster, der Kardinal hat es selber gesagt. Das Krisenmanagement ist schlecht gewesen, und es ist weiterhin schlecht.
Eine Kirche, die sich selbst kontrolliert? Das Beispiel Köln zeigt, wie sinnvoll eine unabhängige, externe Aufarbeitung wäre. Mitte März sollen beide Gutachten des Kardinals veröffentlicht werden. Doch der Schaden ist angerichtet. Für viele Menschen irreparabel.