Die Klima-und Steuervorlage ist quasi von den Toten auferstanden. Und darin steckt eine Überraschung: Die Demokraten setzen nicht nur auf erneuerbare Energie wie Solar oder Wind, sondern stellen auch Bundesland zur Förderung von Öl und Gas zur Verfügung. Statt auf «entweder – oder» setzt sie auf «und».
Die jetzt vom Senat verabschiedete Vorlage ist das, was vom gescheiterten 2-Billionen-Megapaket von Joe Biden («Build back better») geblieben ist. Grund für das Scheitern waren zwei Demokraten: Kyrsten Sinema und vor allem Joe Manchin. Manchin stammt aus dem Kohle-, Öl- und Gas-reichen Bundesstaat West Virginia. Das Paket galt als tot – bis Joe Manchin Ende Juli überraschend einen massiv abgespeckten Kompromiss mit dem Mehrheitsführer im Senat, Chuck Schumer, verkündete. Ein Paket zum Klimaschutz, mit dem Versprechen für zusätzliches Förderland für die Öl- und Gasindustrie – ein Geschenk an die Fossilindustrie, kritisieren Klimaschützer.
«America First» verschwindet nicht
Parteiunabhängige Forschungsinstitute haben allerdings berechnet: Mit dem Paket können die USA bis 2030 ihren Treibhausgas-Ausstoss um knapp 40 Prozent unter den Stand von 2005 senken. Das ist nicht weit weg vom Ziel, das Joe Biden an der Klimakonferenz von Paris formuliert hatte: Den Ausstoss auf die Hälfte zu reduzieren.
Die Methode: Ein Anreizsystem für Unternehmen und Private, auf klimafreundliche Energie umzusteigen. Die Vorlage will klimafreundliche Produkte erschwinglicher machen, vor allem mit Steuergutschriften: Bis zu 7500 Dollar gibt es für ein Elektroauto, Gutschriften für eine Wärmepumpe, für Solarzellen oder Hausisolation.
Gleichzeitig will die US-Regierung die Produktion im eigenen Land stärken: Die Rabatte gibt es für Autos «Made in USA» und mit einem gewissen Anteil von Rohstoffen aus den USA. Die USA wollen unabhängiger werden von China und mehr Jobs im eigenen Land schaffen. Mit demselben Ziel haben sie kürzlich eine Vorlage zur Förderung der Chips-Industrie verabschiedet. Es ist die Demokratenversion von Donald Trumps «America first».
Ein seltener Wurf in Sachen in Klimaschutz
Was das Paket entgegen seinem Namen «Inflation Reduction Act» kaum tut: die Inflation senken. Das ist reines Marketing. Aber es wird die Teuerung wohl auch nicht anheizen. Durch Steuererhöhungen für Grosskonzerne und bei Aktienrückkäufen wird die Vorlage finanziert und das Budgetdefizit verkleinert.
Lange waren Gesetzesinitiativen durch die knappen Mehrheitsverhältnisse im Senat blockiert. Angesichts dessen ist das Paket ein seltener Wurf für den Klimaschutz in den USA. Es wird aller Voraussicht nach auch im Repräsentantenhaus durchkommen. Die Republikaner knirschen wegen der Steuererhöhungen mit den Zähnen. Dass das Paket mit der «und»-Strategie erlaubt, die Gasproduktion etwas auszuweiten, sollte angesichts der Energiekrise in Europa auch für Klimaschützer eine leicht zu schluckende Kröte sein.