Fast 100'000 Frauen und Männer aus fast 200 Ländern sind an die COP28 nach Dubai gereist – vom Advisor (Berater) bis zur Youth Speaker (Jugendsprecherin). Genaue Zahlen gibt es zwar nicht, doch es ist offensichtlich, dass so viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer wie noch nie aus der Privatwirtschaft stammen.
In Dubai treffen sich die unterschiedlichsten Unternehmen, die irgendwie mit Klima-, aber immer mehr auch breiter mit Umweltschutz zu tun haben. Auch die Schweizer Finanzbranche ist prominent vertreten.
Die Klimakonferenz habe den Charakter eines zweiten Weltwirtschaftsforums, eines WEFs, angenommen, meint zum Beispiel die Schweizer Staatssekretärin für Internationale Finanzfragen, Daniela Stoffel.
Wirtschaft muss mit an Bord sein
Man stehe vor der Entscheidung, ob man den Klima- und Umweltschutz auch ökonomisch einschätzen wolle, sagt Stoffel. Schliesslich müssten am Ende Massnahmen ergriffen werden, um «eine Art von Natur erhalten zu können, die aus ökonomischer Sicht nötig ist – und die uns eine gemeinsame Zukunft auf dem Planeten sichert».
Entsprechend sind Finanzprodukte, die Gewinn abwerfen, wenn die Umwelt geschützt wird, in der Branche zum grossen Thema geworden. Sie werden in Dubai verhandelt, diskutiert und verkauft.
Neben der Vertreterin des Schweizer Finanzplatzes sucht auch der Projektmanager aus Kenia für sein Aufforstungsprojekt Geldgeber. Jonathan Muriuku von Restore Africa ist zuversichtlich, dass er sie hier findet. «Es gab viel Interesse an unserem Projekt an einem Forum mit Investoren gestern», sagt er.
Öllobby will Verhandlungen verzögern
Viele der Wirtschaftsvertreterinnen und -vertreter sind an der COP28 also gar nicht direkt an den Klimaverhandlungen der UNO beteiligt. Trotzdem sind sie nach Dubai geflogen.
Die Vertreter der fossilen Energielobby haben keinen ambitionierten Klimaschutz zum Ziel, sondern eine Verzögerung der Verhandlungen.
Bringt das den Klimaschutz voran? Ja und Nein, meint Stefan Salzmann. Er ist zuständig für Energie- und Klimapolitik beim Hilfswerk Fastenaktion und in Dubai als Beobachter.
«Wenn die wirtschaftlichen Interessen den Zielen des Pariser Klimaabkommens entgegenlaufen, ist es kritisch für den Klimaschutz», sagt er. Insbesondere stellt Salzmann fest, dass die Lobby der fossilen Energien stark vertreten sei in Dubai. «Sie haben keinen ambitionierten Klimaschutz zum Ziel, sondern eine Verzögerung der Verhandlungen. Das ist nicht gut.»
Wichtige Promotoren für erneuerbare Energien
Andererseits sei es gut, dass sich viele Unternehmen zum Beispiel im Ausbau der erneuerbaren Energien engagieren wollten. Sie machten an der COP28 Druck, dass die Staaten ein klares Bekenntnis zu mehr Klimaschutz abgeben. Dabei dürfe die lokale Bevölkerung allerdings nicht vergessen werden, betont der Hilfswerksvertreter.
Klar scheint: Die reine Präsenz so vieler Vertreterinnen und Vertreter der Privatwirtschaft zeigt, dass Klimapolitik unterdessen alle Bereiche der Gesellschaft und auch der Wirtschaft betrifft und interessiert. Das war noch vor wenigen Jahren ganz anders.