Der steigende Meeresspiegel und immer stärkere Flutwellen fressen sich an der Küste Westafrikas immer weiter ins Land und bedrohen die Fischerdörfer. Die Folgen des Klimawandels, der Bau von Tiefseehäfen und Staudämmen haben die Erosion der Küste in den vergangen 20 Jahren beschleunigt.
Das Fischerdorf Toto in Ghana ist bereits zum Teil im Meer versunken. Dorfchef Theophilus Agbakla sagt, die Bewohner lebten in Angst und könnten nicht mehr ruhig schlafen. Viele Menschen und Tiere seien schon ums Leben gekommen und viele Häuser zerstört worden.
Das Meer strömt in unsere Häuser, in die Schlafzimmer und die Küche, wo Frauen vielleicht noch am Kochen sind. Das Meer spült die Töpfe und das Geschirr aus dem Haus.
Das Meer macht die Menschen von Totope zu Zwergen. Jede heranrollende Welle des Südatlantiks lasse Totope noch mehr schrumpfen, klagt Dorfchef Theophilus Agbakla. Der Bauch des Ozeans ist unersättlich: Die alte Küstenstrasse hat er schon verschlungen.
Ebenso die Kirche, das Schulhaus und ganze Wohnhäuser. Von den Kokospalmen ragen nur noch fasrige Stümpfe aus dem Sand.
Hier waren Palmen. Das Meer war soweit entfernt, dass wir als Kinder auf die Palmen steigen mussten, um es zu sehen.
Das war 1962 als der Chef noch ein Bub war und in Totope die Primarschule besuchte. Wenn er den heimkehrenden Vater abholen wollte, musste er mehr als einen Kilometer bis zum Meer laufen. Heute kommt das Meer zu ihm. Bei schönem Wetter bis an die Türschwelle. Bei Sturm ins Schlafzimmer.
Seit Jahrhunderten leben die Küstenbewohner Westafrikas vom Fischfang. Aber nun scheine alles kaputt zu gehen, klagt Isamel. Seit die Chinesen vor der Küste mit schwimmenden Fischfabriken unterwegs seien, schrumpft auch das Einkommen der Fischer.
Wir haben seit Generationen nichts anderes getan als fischen. Wir können nichts anderes. Deshalb müssen wir ausharren und schauen was passiert.
Selbst wenn sie plötzlich auf die Idee kämen, Gemüsebauern zu werden: «Wo sollen wir es genau pflanzen?», fragt der Dorfchef.
Selbst wenn es im Landesinneren irgendwo Platz für ein ganzes Dorf gäbe: Dazu gehören Häuser, eine Schule, eine Kirche und eine Wasserversorgung. Das alles neu aufzubauen, braucht Kapital. Die Antwort ist einfach: Wir haben dieses Geld nicht.
Das Unglück hat seinen Anfang vor 20 Jahren genommen. Die Wellen wurden grösser und Totope immer kleiner. Niemand wusste genau warum? Einige hätten an eine Strafe Gottes geglaubt, erzählt David, ein junger Fischer. Doch weshalb sollte Gott die Menschen in Totope strafen? Eine irdische Erklärung lieferte der örtliche Geografielehrer:
Er habe die Kinder gelehrt, dass der Schnee das Übel sei. In Amerika und Europa schneie es im Winter so stark, dass die Leute dort nicht wüssten, wohin sie mit damit sollten. Riesige Bagger räumten den Schnee aus den Städten. Am Ende würde er ins Meer gekippt – in so grossen Mengen, dass in Afrika der Meeresspiegel steige, habe der Geografielehrer erklärt. Der Dorfchef schüttelt den Kopf.
Doch weshalb soll der Geografielehrer von Totope keine Märchen erzählen dürfen, wenn selbst der frischgewählte US-Präsident Donald Trump den Klimawandel und seine Folgen für eine Legende hält?
Donald Trump täuscht sich gewaltig! Wenn er meint der Klimawandel sei eine Legende, dann soll er mir doch mal erklären, weshalb der Meeresspiegel immer mehr steigt. Bilden wir uns das etwa ein? Wenn es die Agenda von Präsident Trump erlaubt, soll der doch nach Totope kommen und schauen, was hier passiert.
Denn wenn sich die Voraussagen über die Auswirkungen des Klimawandels bewahrheiten sollten, dann erleben die Menschen in Totope heute das, was Millionen in den kommenden Jahrzehnten noch bevorsteht.