Der Klimawandel schreitet ungehindert voran. Davon betroffen sind weltweit über eine Milliarde Menschen. Sie sind meist in der Landwirtschaft tätig und leben insbesondere in Entwicklungsländern – wie auch Elkin Restrepo. Er baut in der hügeligen Landschaft von Kolumbien, der sogenannten zona cafetera von Kolumbien, südlich der Millionenstadt Medellin – Kaffeepflanzen an.
Er erklärt, dass der Anbau und die Ernte der Kaffeepflanzen wankt, weil das Wetter seit Jahren verrückt spiele. Seine grösste Angst sei diejenige vor einer Dürre. Ohne Strom könne er hier problemlos leben, ohne Wasser aber nicht. Tatsächlich brauchen kolumbianische Kaffeebauern wie Elkin Restrepo grosse Mengen an Wasser. Nicht nur sind seine über 11'000 Kaffeepflanzen auf Regen angewiesen, auch zum Waschen des Kaffees braucht der Bauer Wasser – rund 50 Liter pro Kilo Rohkaffee.
Dieses Wasser entnimmt Elkin Restrepo dem Bach im engen Tal, dem Gulunga. In vergangenen Jahren habe dieser immer etwa gleich viel Wasser geführt. Jetzt sei der Bach aber teilweise fast versiegt – umgekehrt nach ungewöhnlich starken Regenfällen aber über die Ufer getreten.
Fluten entreissen Kaffeebauer die Tochter
Was diese abrupten Witterungswechsel bedeuten, hat Alejandro Gutierrez vor drei Jahren schmerzhaft erfahren müssen. Er hat dabei nicht nur einen Teil seiner Ernte, sondern auch seine siebenjährige Tochter verloren. Mitten in der Nacht habe sich der sonst so friedliche Bach in einen reissenden Strom verwandelt, ihm seine Tochter aus den Händen gerissen und sein Haus weggeschwemmt. Beinahe hundert weitere Todesopfer waren zu beklagen.
Was die Kaffeebauern sagen, bestätigen wissenschaftliche Untersuchungen des staatlichen Instituts für Hydrologie, Meteorologie und Umweltstudien Ideam. Die Regenfälle werden intensiver in Kolumbien. Gleichzeitig kommt es zu immer ausgedehnteren Trockenphasen. Rückgängig machen können sie diese Entwicklungen nicht, sind sich Alejandro Gutierrez und Elkin Restrepo bewusst. Aber sie wollen die Auswirkungen des Klimawandels versuchen zu begrenzen.
Sie schützen jetzt die Bach- und Flussbette, in dem die Bauern dort Bäume pflanzen. Die lokale Genossenschaft der Kaffeebauern hat mit Geldern aus Fairtrade-Prämien Setzlinge gekauft und verteilt diese kostenlos an ihre Mitglieder. Zudem hilft die Genossenschaft ihren Mitgliedern, mit Bioreaktoren das saure Abwasser aus dem Kaffee-Waschprozess zu reinigen, bevor sie es zurück in den Bach leiten. Elkin Restrepo führt zum kleinen Bach der noch vor vier Jahren immer braun-gelb gewesen sei und zeigt stolz auf das klare Wasser.
Auch zwei Bus-und Jeep-Stunden weiter südlich – rund um den Wallfahrts-Ort Jerico – dominieren Kaffeepflanzen das Bild. Hier auf rund 2000 Metern über Meer baut der 82-jährige Avelardo Echevería mit seinem Sohn und seinem Enkel Kaffee an.
Zuerst gibt es – einen Kaffee, einen Tinto – aus Eigenproduktion. Danach beklagt der betagte Kaffeebauer Avelardo Echevaria: Früher sei klar gewesen, wann man pflanzen und wann man ernten sollte. Das sei vorbei. Die Jahreszeiten seien kaum mehr zu unterscheiden. Das Klima spiele verrückt – und es werde im Durchschnitt wärmer. Gonzalo David Rueda nickt. Er berät Menschen wie die Echeverrías im Auftrag des Verbandes der Kaffeebauern des Bundesstaates Antioquia. In Kolumbien steige die Durchschnittstemperatur in den nächsten 20 Jahren laut Berechnungen um 2 Grad Celsius - das sei kritisch.
Konkret müsse sich die Landwirtschaft – also auch der Kaffeeanbau – um bis zu 300 Meter nach oben bewegen. Mit jedem Meter, den der Kaffeeanbau steigt, wird Wald abgeholzt und vor allem der Kaffee wird zunehmend dort angebaut, wo die lebenswichtigen Quellen des Wassers sind. Eine höchst delikate Entwicklung.
Tiefer Kaffeepreis erschwert die Arbeit
Die Herausforderungen durch den Klimawandel sind vielfältig und sie kosten Geld. Dass der internationale Kaffeepreis heute tiefer liegt als vor zehn Jahren, hilft den kolumbianischen Kaffeebauern dabei nicht. Sie verlangen, mit mässigem Erfolg, Subventionen vom Staat. Zugleich setzen sie auf Geld von internationalen Labels wie Rainforest Alliance, UTZ oder Fairtrade, sprich Max Havelaar in der Schweiz. Der Markt – auch wenn das in der Schweiz anders scheint – ist aber klein.
Die über 11'000 meist kleinen Kaffeeproduzenten in Antioquia zum Beispiel konnten letztes Jahr nur knapp 3 Prozent ihrer Ernte zum höheren Fairtrade-Preis verkaufen - Tendenz sinkend.