Seinen ersten Arbeitstag im neuen Jahr hat sich der britischen Premierminister wohl anders vorgestellt. Eigentlich wollte Keir Starmer über seine Gesundheitspolitik reden. Nachdem Elon Musk am Morgen auf X Starmers Verhaftung gefordert hatte, musste sich der ehemalige Staatsanwalt aber erst einmal verteidigen. Nein, er habe in seiner ehemaligen Funktion als oberster Ankläger in Grossbritannien Kindsmissbrauch weder gefördert noch geduldet.
Musk forderte neue Untersuchung in Missbrauchsfällen
Doch genau das hat ihm Musk unterstellt. Im Norden Englands waren Anfang dieses Jahrhunderts von der Polizei tatsächlich Informationen über massenhafte Missbrauchsfälle von Mädchen zurückgehalten worden, unter anderem die Herkunft der Täter, aus Sorge vor rassistisch motivierten Reaktionen. Elon Musk fordert deshalb eine erneute Untersuchung dieses Skandals.
«Ich verurteile jede Form von Kindsmissbrauch und bedaure, wenn Missbrauchsopfer in diesem Land nicht immer das Gehör erhalten haben, das sie verdient hätten. Als Staatsanwalt habe ich mich jedoch stets für eine kompromisslose Strafverfolgung eingesetzt», konterte Starmer, ohne Musk namentlich zu nennen.
Musk: Farage ist zu wenig radikal
Ob es dem Tech-Milliardär mit seiner Intervention aus der Ferne tatsächlich allein um das Wohl der damaligen Opfer geht, darf bezweifelt werden. Im vergangenen Sommer wünschte Elon Musk den Briten einen kleinen Bürgerkrieg. Oder wenigstens einen Regierungsumsturz.
Zu diesem Zweck will er in Grossbritannien die rechtspopulistische Reform UK Partei angeblich mit einigen Millionen Dollar unterstützen. Deshalb war es nicht überraschend, dass Reform-Chef Nigel Farage Musk am Sonntagmorgen im Fernsehen als seinen besten Freund und einen Helden bezeichnete. Doch bereits einige Stunden später war die Freundschaft zu Ende. Musk hat Farage via X abgesägt. Der Mann sei im schlicht zu wenig radikal.
Grossbritannien wählt nicht mit «Likes» und «Dislikes»
Der britische Premierminister wurde dagegen nicht verhaftet. Doch bereits am Nachmittag musste sich die britische Regierung mit der nächsten Herausforderung aus dem Internet beschäftigen. Drei Millionen Leute haben eine Online-Petition unterschrieben, die sofortige Neuwahlen in Grossbritannien fordert. Unterschrieben hat die Petition mit dem Titel «People's vote» selbstverständlich auch Elon Musk.
Dass es in Grossbritannien unlängst eine «people's vote» gegeben hat – nämlich ordentliche Wahlen –, scheint ihn nicht zu interessieren. Ebenso die Tatsache, dass die Bürgerinnen und Bürger der ältesten Demokratie ihre Regierung alle fünf Jahre an der Urne wählen und nicht situativ mit «Likes» und «Dislikes» in den sozialen Medien. Denn nur so ist erklärbar, dass der Berater des künftigen US-Präsidenten die Welt gestern wissen liess, Amerika müsse Grossbritannien von der Tyrannei befreien.