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Wie weiter in Albanien?
Aus SRF 4 News aktuell vom 26.06.2019.
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Kommunalwahlen auf der Kippe «Das grösste Übel in Albanien ist die starke Polarisierung»

Und sie findet doch statt. Die Rede ist von den Kommunalwahlen in Albanien vom kommenden Sonntag. Staatspräsident Ilir Meta hatte diese Wahl nämlich schon abgesagt, weil die Opposition nicht teilnehmen will. Sie wirft Regierungschef Edi Rama und dessen Regierung Korruption und Fälschung der letzten Parlamentswahlen im Jahr 2017 vor. Die Fronten sind verhärtet, meint Balkan-Kenner Norbert Mappes-Niediek.

Norbert Mappes-Niediek

Deutscher Journalist

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Norbert Mappes-Niediek ist Fachautor und langjähriger freier Korrespondent für Südosteuropa.

SRF News: Was ist los in Albanien?

Norbert Mappes-Niediek: Das Parlament hat die Kommunalwahl für kommenden Sonntag regulär festgelegt. Die Opposition hat an diesem Beschluss nicht teilgehabt, weil sie das Parlament schon seit Februar boykottiert.

Es herrscht ein starkes Schwarz-Weiss-Denken, der Gegner ist stets abgrundtief schlecht, ein Verbrecher oder zutiefst korrupt.

Sie hat auch angekündigt, diese Kommunalwahl vollständig zu boykottieren, worauf der der Staatspräsident diese Wahl abgesagt hat. Anschliessend hat die Regierung gesagt, dass ihm das überhaupt nicht zusteht. In diesem klassischen Verfassungskonflikt sollte jetzt eigentlich das Verfassungsgericht entscheiden.

Leute mit albanischer Flagge am demonstrieren.
Legende: Die Demonstranten verlangen den Rücktritt von Regierungschef Edi Rama. Keystone

Bloss kann das nicht entscheiden, weil eine ganze Reihe Richter zurückgetreten sind und es nicht beschlussfähig ist. Nun wird der Konflikt mehr oder weniger auf der Strasse oder durch eine externe Vermittlung ausgetragen werden müssen.

Kann man überhaupt von Wahlen sprechen, wenn die grösste Oppositionspartei gar nicht teilnimmt?

Eigentlich nicht. In manchen Gemeinden tritt nur ein Kandidat an, in anderen gar keiner. Da kann man sich natürlich fragen, warum man diese Wahlen durchführen lässt. Man befindet sich in einem Dilemma: Die grösste Oppositionspartei, die Demokratische Partei, hat den Rücktritt der Regierung verlangt, während die Regierung den Standpunkt vertritt, sich nicht erpressen lassen zu wollen.

Mann im Anzug.
Legende: Staatspräsident Ilir Meta hatte die Kommunalwahlen zuerst abgesagt und sich damit den Zorn der Regierung auf sich gezogen. Keystone

Diese Boykott-Politik ist in Albanien nicht selten. Auch die regierenden Sozialisten haben damals in der Opposition zu diesem Mittel gegriffen. Man muss sich aber vor Augen führen, dass Albanien eine Verfassung hat. Das Land soll nach festgelegten Spielregeln funktionieren. Und wenn Wahlen regulär ausgerufen werden, sollten diese auch stattfinden. Wenn eine Regierung sich erpressen lässt, wird diese Regel ausser Kraft gesetzt. Bisher hat sie sich nicht erpressen lassen, aber nach dem Wahltermin wird ihr wohl nichts mehr anderes übrig bleiben.

Dieser Streit in Albanien zwischen den beiden grossen Parteien dauert nun bereits Jahrzehnte. Warum hat sich nicht längst eine andere Partei etablieren können?

Das ist immer wieder geschehen, bloss hat es nichts genützt. Das grösste Übel in Albanien ist die starke Polarisierung. Diese gibt es nicht nur in der Politik, sondern teilweise auch im Alltagsleben. Es herrscht ein starkes Schwarz-Weiss-Denken, der Gegner ist stets abgrundtief schlecht, ein Verbrecher oder zutiefst korrupt. Zudem gibt es eine schwach entwickelte Kompromisskultur.

Mann vor albanischer Flagge.
Legende: Der sozialistische Regierungschef Edi Rama ist seit 2013 Ministerpräsident. Die Opposition wirft ihm Korruption vor und verlangt seine Absetzung. Keystone

Immer wenn sich eine Partei bildet, die dieser grossen Konfrontation entkommen will, wird sie von einem dieser starken Pole angezogen oder es zerreisst sie. Das ist die Physik dieses politischen Systems, wo es immer nur um Macht geht. Die beiden grossen Parteien unterscheiden sich praktisch nicht, weder in ihrer Programmatik, in ihrer ideologischen Grundierung noch in der sozialen Herkunft ihrer Mitglieder. Die eine nennt sich demokratisch, die andere sozialistisch. Die gleichen einander wie ein Ei dem anderen, eine völlig leere Konkurrenz, die hier ausgetragen wird.

Das Gespräch führte Christina Scheidegger.

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