Galluzzo ist ein Vorort von Florenz. In einem hübschen Park hat der sozialdemokratische Partito Democratico Tische und Stühle aufgestellt für die Festa dell'Unità, für das traditionelle, sommerliche Partei-Fest.
Wie immer stehen Reden auf dem Programm und es gibt reichlich zu essen und zu trinken.
Sandra Caricchioli, die Köchin, rührt bereits in ihren Töpfen. «Ich habe schon für die Kommunisten, für den Partito Comunista, Krapfen frittiert», sagt die kleine, rundliche Frau.
Diese Feste helfen uns, eine Gemeinschaft zu bilden und der Öffentlichkeit zu zeigen, dass es uns gibt.
Heute allerdings kocht Cariccioli für die Nachfolgepartei, den Partito Democratico, pasta fresca, also frische Teigwaren. «Diese Feste helfen uns, eine Gemeinschaft zu bilden und der Öffentlichkeit zu zeigen, dass es uns gibt.»
«Rote» Toskana in Gefahr
Das scheint nötig zu sein: denn die Sozialdemokraten haben grosse Mühe, ausgerechnet in der Toskana, in einem ihrer Stammlande. Gemäss allen Umfragen liegen linke und rechte Parteien fast gleichauf, erstmals also könnte die Toskana eine rechte Regionalregierung erhalten. Um das zu verhindern, kämpft der Partito Democratico mit viel Prominenz, auch hier in Galluzzo.
David Sassoli, der Präsident des EU-Parlaments und Eugenio Giani, der sozialdemokratische Spitzenkandidat, sind eben auf dem Festgelände eingetroffen.
Spitzenkandidat Giani lobt in seiner Rede das regionale Gesundheitswesen. Die von der Linken regierte Toskana habe die Corona-Pandemie weit besser überstanden als die von der Rechten regierte Lombardei. In der Lombardei seien 17'000 am Virus gestorben, in der Toskana lediglich 1300.
Wahlkampfthema Gesundheitspolitik
Der Sozialdemokrat räumt sofort ein, dass in der Toskana weniger Leute lebten, doch auch im Verhältnis liege die Zahl der Opfer in der Lombardei weit höher. Das liege eben auch daran, dass Matteo Salvinis Lega in der Lombardei das Gesundheitswesen in vielen Bereichen privatisiert habe. Nur wer Sozialdemokraten wähle, verhindere, dass dies auch in der Toskana geschehe – dies die Botschaft der langjährigen Regierungspartei.
Der Austritt Italiens aus der EU oder dem Euro stehen nicht auf der Agenda der Lega.
Und David Sassoli, der italienische Spitzenpolitiker in Brüssel, lockt noch mit etwas anderem: nämlich mit jenen Milliarden, die von der EU schon bald Richtung Italien fliessen sollen. Einzig den Sozialisten und den Progressiven sei es zu verdanken, dass die EU ihre strenge Sparpolitik endlich aufgegeben habe. Sassolis Botschaft ist klar: nur die Linke garantiere den Zugang zu den EU-Milliarden des Recovery Fund, während die rechte Lega die EU-Mitgliedschaft Italiens infrage stelle.
Nur ein paar Kilometer entfernt, in einer Bar mitten in Florenz. Dort hat sich Jacopo Alberti eben ein Glas Chianti bestellt. Der knapp 50-Jährige politisiert im Regionalparlament für Salvinis Lega und kandidiert nun erneut. Er weist Sassolis Aussage, wonach die Lega die EU verlassen wolle, zurück: «Der Austritt Italiens aus der EU oder dem Euro stehen nicht auf der Agenda der Lega.»
Zerstrittene Linke
Auch bezüglich des Gesundheitswesens widerspricht Alberti den Aussagen der Sozialdemokraten. Die Lega habe in keiner Art und Weise vor, das toskanische Gesundheitswesen zu privatisieren, im Gegenteil: «Wir wollen vor allem in den Randregionen wieder mehr Geld in die Spitäler investieren.» Denn die Linke habe die Toskana in ihren langen Jahren an der Macht gespalten.
Wir wollen vor allem in den Randregionen wieder mehr Geld in die Spitäler investieren.
Es gebe jene Toskana, die floriere, in der Schulen und Spitäler funktionierten, vor allem in und um Florenz. Und dann gebe es die Randgebiete, wo der Staat Spitäler geschlossen habe, wo Junge kaum Arbeit fänden, wo die Krise hart zuschlage. Jacopo Alberti sagt: «Genau diese Gebiete hat die Linke bereits verloren.»
Tatsächlich: in Siena, in Arezzo, in Grosseto, in Massa, in der Mehrzahl der toskanischen Provinzhauptstädten, regiert heute schon die Rechte. Darum könnte sie nun erstmals die Mehrheit in der ganzen Region erobern.
Noch ein anderer Faktor begünstigt die Rechte: Die toskanischen Linksparteien treten zersplittert an. Neben dem Sozialdemokraten Giani kandidiert eine autonome, linke Liste. Und das Movimento Cinque Stelle hat eine ebenfalls eher dem linken Spektrum zuzuordnende Kandidatin aufgestellt. Während dem die Rechte sich auf eine einzige Kandidatur einigen konnte. Auch darum könnte die «rote Toskana» schon bald Geschichte sein.