- Die Staats- und Regierungschefs der EU einigten sich heute Abend in Brüssel auf einen Kompromiss zum neuen Rechtsstaatsmechanismus, wie der Präsident des Europäischen Rates Charles Michel auf Twitter mitteilte.
- Der Weg für den EU-Haushalt und die milliardenschweren Coronahilfen ist frei.
- Ungarn und Polen hatten wichtige Entscheidungen wochenlang blockiert.
Die beiden Länder fürchteten, dass der Rechtsstaatsmechanismus darauf zielt, ihnen wegen umstrittener politischer Projekte EU-Mittel kürzen zu können.
Der Kompromiss sieht nun vor, dass das neue Verfahren zur Ahndung von Verstössen gegen die Rechtsstaatlichkeit durch eine Zusatzerklärung ergänzt wird. Darin ist unter anderem festgelegt, welche Möglichkeiten Ungarn und Polen haben, sich gegen die Anwendung der Regelung zu wehren. Eine davon ist eine Überprüfung der Verordnung für das Verfahren durch den Europäischen Gerichtshof. Sie würde die erste Anwendung des Verfahrens vermutlich um Monate hinauszögern, wenn nicht sogar um mehr als ein Jahr.Regierungschefs müssen Streitfragen klären
Zudem wird noch einmal festgeschrieben, dass die Feststellung eines Rechtsstaatsverstosses allein nicht ausreicht, um EU-Finanzhilfen zu kürzen. Demnach muss klar festgestellt werden, dass der Verstoss negative Auswirkungen auf die Verwendung von EU-Geld hat. Zudem soll noch einmal festgehalten werden, dass sich in Streitfragen die Staats- und Regierungschefs mit dem Thema beschäftigen müssen.
Ungarn und Polen blockierten Coronahilfen
Hätte es keine Einigung gegeben, hätte der EU von Januar an nur noch eine Art Nothaushalt zur Verfügung gestanden. Zahlreiche Programme hätten nicht starten können. Zudem hätte dann ein Weg gefunden werden müssen, um das Corona-Konjunkturprogramm im Umfang von bis zu 750 Milliarden Euro ohne Polen und Ungarn zu organisieren. Auf die Hilfen sind vor allem Länder angewiesen, die wirtschaftlich stark unter der Coronakrise leiden und gleichzeitig ein Schuldenproblem haben – zum Beispiel Frankreich, Italien, Spanien, Portugal und Belgien.
Auf den neuen Mechanismus hatten sich die EU-Staaten Ende Oktober gegen den Willen von Ungarn und Polen verständigt. Die Regierungen in Budapest und Warschau legten daraufhin ein Veto gegen einstimmig zu treffende Haushaltsentscheidungen ein, um Änderungen zu erzwingen. Sie fürchten, dass das neue Verfahren vor allem gegen sie eingesetzt werden soll. Ihnen wird seit langem vorgeworfen, ihren Einfluss auf die Justiz in unzulässiger Weise auszubauen. Zudem werden Einschränkungen der Medienfreiheit und zu wenig Schutz von Minderheiten bemängelt.
Die noch ausstehenden Entscheidungen für die EU-Finanzen der kommenden Jahre und die Coronahilfen sollen in den kommenden Tagen vom EU-Ministerrat und vom EU-Parlament getroffen werden. Probleme werden dort allerdings nicht mehr erwartet, da in allen wichtigen Fragen bereits in den vergangenen Wochen Einigkeit erzielt wurde.