- Das umstrittene Binnenmarktgesetz des britischen Premierministers Boris Johnson ist im Unterhaus eine Etappe weiter vorangekommen.
- Eine Mehrheit der Abgeordneten stimmte am Abend einem Kompromiss des Premiers mit seinen Kritikern zu. Damit ist keine formelle Abstimmung mehr über deren Antrag notwendig.
- Johnson will mit dem Binnenmarktgesetz das gültige, langwierig ausgehandelte Brexit-Abkommen mit der Europäischen Union in Teilen aushebeln können.
Auch etliche konservative Abgeordnete haben sich damit mit Boris Johnsons Plänen einverstanden erklärt, die sich zuvor dagegen ausgesprochen hatten. Der Regierungschef war auf die abweichenden Abgeordneten mit einem Kompromiss zugegangen: Er hat ihnen eine weitere Abstimmung im Parlament zugesichert für den Fall, dass die im Gesetz vorgesehenen Notfallmassnahmen tatsächlich zum Einsatz kommen sollten.
Scharfe Kritik im Unterhaus
Dieser Kompromiss bedeutet jedoch nicht, dass im Unterhaus nun grosse Einigkeit herrscht. Die Regierung setze «die Integrität des Vereinigten Königreichs» aufs Spiel, ohne die Konsequenzen für das Ansehen des Landes in der Welt im Blick zu behalten, hiess es. Die Opposition wetterte gegen die Regierung als «gesetzgeberische Hooligans».
Konkret geht es in dem Gesetz um Sonderregeln für das britische Nordirland, welche eine harte Grenze zum EU-Mitglied Irland verhindern sollen. Für die EU handelt es sich bei Johnsons Vorstoss um einen Rechtsbruch. Brüssel forderte London daher auf, bis Ende September einzulenken.
Schlussberatung kommende Woche
Nachdem die Abgeordneten im Unterhaus sich bereits in der vergangenen Woche in einem ersten Votum für das Gesetz ausgesprochen hatten und nun auch der Kompromiss verabschiedet worden ist, steht die abschliessende Entscheidung noch aus: In der kommenden Woche wird das Gesetz im Unterhaus nochmals beraten, bevor dann das Oberhaus darüber debattieren wird.
Kritiker befürchten, dass das geplante Gesetz der Todesstoss für den angestrebten Handelsvertrag zwischen der EU und Grossbritannien sein könnte, der die künftigen Wirtschaftsbeziehungen neu regeln soll. Nach dem Ende der Brexit-Übergangsphase droht ohne Vertrag ein harter Bruch mit der EU mit Zöllen und hohen Handelshürden.