Die Zelte seien «die einzige Möglichkeit, um zu verhindern, dass Migranten auf der Strasse schlafen», sagt Thomas Fussenegger, Sprecher der österreichischen Bundesbetreuungsagentur. Doch das Aufstellen von Zelten (mit Heizung) vor dem Wintereinbruch hätte nicht sein müssen.
Der Grund dafür ist ein eskalierter Streit zwischen der österreichischen Regierung und den Bundesländern. Die Bundesländer möchten mehr Geld für die Unterbringung der vielen Flüchtlinge. Die Bundesregierung lenkt bisher nicht ein.
Kaum eine Chance auf Asyl in Europa
Es sind schwierige Zeiten für die Asylbehörden. Rund 600 Personen pro Tag werden von der Polizei aufgegriffen. Setzt sich der Trend fort, werden es im laufenden Jahr ähnlich viele werden wie 2015, dem Jahr der sogenannten Flüchtlingskrise.
Viele von ihnen kommen aus Indien, Pakistan, Tunesien und Marokko. Sie können visafrei nach Serbien einfliegen und weiterreisen. Aber sie haben kaum Chancen auf Asyl in Europa. Die vielen Menschen aus diesen Ländern kommen zu einem Zeitpunkt, in dem das System durch Zehntausende Personen aus der Ukraine ohnehin enorm stark belastet ist.
Eines der Dörfer mit Flüchtlingszelten ist Sankt Georgen im Attertal, 50 Kilometer östlich von Salzburg. Dort sind mehrere Dutzend Migranten in einer kleinen Zeltstadt untergebracht. Und zwar «alleinreisende junge Männer ohne Bleibewahrscheinlichkeit», wie es offiziell heisst. Frauen, Kinder und Familien kommen in feste Unterkünfte.
Bürgermeister Ferdinand Aigner versteckt seinen Ärger über die Zuteilung nicht: «Ausgemacht waren 120. Kapazität sind 160 bis 180. Und jetzt haben wir knapp 280», sagt er knapp. Einige Anwohner aus seinem Dorf wollen aus Protest am Nationalfeiertag, dem 26. Oktober, die Autobahn blockieren.
2500 Meter von Schweizer Grenze entfernt
Das Innenministerium lässt sich dadurch nicht aufhalten. Derzeit werden an weiteren Standorten weitere Zelte aufgebaut. Etwa in Absam in Tirol oder auf dem Gelände der Polizeischule Feldkirch, 2500 Meter entfernt von der Schweizer Grenze. Dort sollen die Zelte am Freitag aufgebaut werden. Doch die Stadtregierung von Feldkirch geht davon aus, dass sie das über das Baugesetz im letzten Moment noch verhindern kann.
Es gibt die Quartiere, es scheitert am politischen Willen.
Schuld daran, dass die Zelte aufgebaut werden, seien die Regierungen der Bundesländer, sagt Caritas-Geschäftsführer Klaus Schwertner. Diese hätten zu wenig Unterkünfte bereitgestellt. Und das Innenministerium suche mit den Zelten Wege geringen Widerstands. «Es gibt die Quartiere, es scheitert am politischen Willen.»
Klar, dass die Behörden jetzt Kritik ernten dafür, dass sie ihren Konflikt auf dem Buckel der Migranten austragen. Allerdings müssen sich Migranten aus Indien, Pakistan, Tunesien und Marokko auch die Frage stellen lassen, wie klug es ist, ohne reale Chance auf Asyl vor Wintereinbruch nach Europa zu flüchten.