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Konflikt wegen EU-Richtlinien Energiefragen haben die Regierungskoalition in Norwegen entzweit

  • Die Regierungskoalition in Norwegen ist im Streit über die Umsetzung von EU-Verordnungen für den Energiemarkt zerbrochen.
  • Die Zentrumspartei ist aus der Regierung ausgestiegen.
  • Die Sozialdemokraten können bis zur nächsten Wahl alleine weiterregieren.

Die bäuerliche Zentrumspartei als bisheriger Juniorpartner der Sozialdemokraten von Ministerpräsident Jonas Gahr Støre tritt im Zuge der Unstimmigkeiten aus der Regierung aus. Das verkündeten der Parteichef und bisherige Finanzminister Trygve Slagsvold Vedum sowie Fraktionschefin Marit Arnstad in Oslo.

Zoff um EU-Paket

Støres Sozialdemokraten und Vedums Zentrumspartei haben seit längerem über die Umsetzung eines 2019 verabschiedeten EU-Energiemarktpakets mit dem Namen «Saubere Energie für alle Europäer» gestritten. Es geht dabei letztlich um eine Umstellung der Energieversorgung von fossilen auf erneuerbare Energiequellen, aber auch um eine Integration des Strommarktes.

Norwegen ist zwar kein Mitglied der EU, mit ihr aber als Staat des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) eng verbunden und dazu ihr wichtigster Gaslieferant. Brüssel hat Oslo dazu gedrängt, das Paket als EWR-Staat und naher EU-Partner ebenfalls umzusetzen.

Starke Nachfrage nach norwegischem Gas und Öl in der EU

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Wegen des russischen Angriffskriegs besteht in der EU eine grosse Nachfrage nach Gas und Öl aus Norwegen. Trotzdem gibt es Unmut gegenüber der EU. Laut SRF-Nordeuropamitarbeiter Bruno Kaufmann liegt das am entzweiten Norwegen, was Energiefragen betrifft:

«Norwegen besteht in Energiefragen aus zwei unterschiedlichen Teilen. Da ist zum einen das Offshore-Norwegen: jenes Norwegen, das Öl und Gas aus dem Meeresgrund fördert, Europa versorgt und dadurch in den letzten Jahrzehnten steinreich geworden ist. Zum anderen gibt es das Onshore-Norwegen, das sich mit sauberem Strom aus Wasserkraft weitgehend selbst versorgt. Dieser Strom war lange günstig, doch durch die Anbindung an den europäischen Strommarkt sind die Strompreise gestiegen. Das war der Zentrumspartei ein Dorn im Auge. Die Sozialdemokraten hingegen betonen, man müsse das Gesamtbild beider Norwegen im Blick behalten.»

Die Zentrumspartei lief gegen diese Umsetzung jedoch vehement Sturm. Støre wollte zumindest drei weniger umstrittene Direktiven des Pakets in norwegisches Recht giessen. Die EU-skeptische Zentrumspartei hingegen war komplett dagegen und lehnte vor allem die Ausweitung der Befugnisse der EU-Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungs-Behörden, kurz Acer, ab. Sie begründete diese Haltung damit, dass das Paket Norwegens nationale Kontrolle über den Energiesektor schwäche und eine engere Bindung an den EU-Energiemarkt zu höheren Strompreisen führen könne.

Weitere Streitpunkte zwischen Zentrumspartei und Sozialdemokraten

Die norwegische Regierung ist nach drei Jahren an der EU-Energiemarktfrage gescheitert – doch die Differenzen zwischen Zentrumspartei und Sozialdemokraten reichen weiter. Die Sozialdemokraten sind proeuropäisch, die Zentrumspartei setzt auf nationale Interessen. Auch in der Umwelt- und Fischereipolitik gibt es laut SRF-Nordeuropamitarbeiter Bruno Kaufmann grosse Unterschiede. Einige seien sie sich beim Wohlfahrtsstaat: Beide befürworten hohe Steuern.

Pressekonferenz mit zwei Sprechern vor bunt gemustertem Wandbild.
Legende: Die Sozialdemokraten agieren proeuropäisch und umweltschonend. Die Zentrumspartei setzt auf nationale Interessen und schnelle Ressourcennutzung (im Bild: Parteichef Trygve Slagsvold Vedum und Fraktionschefin Marit Arnstad). Keystone/EPA NTB/HAAKON MOSVOLD (30.01.2025)

Nun will die sozialdemokratische Partei alleine weiterregieren – mit nur einem Viertel der Stimmen im Parlament. Was sie in dieser Konstellation bewirken kann, wird sich laut Kaufmann in den nächsten Wochen und Monaten zeigen. Sie könnte je nach Thema mit anderen Parteien zusammenspannen: in der Europafrage mit der konservativen Opposition oder in Sozialfragen mit den linken Parteien.

Bereits mit ihrem bisherigen Koalitionspartner hat Støres Partei seit 2021 eine Minderheitsregierung gebildet, die für Mehrheiten im Parlament mit anderen Parteien zusammenarbeitete. Die nächste Parlamentswahl soll im September stattfinden. Vorzeitige Neuwahlen sieht die norwegische Verfassung nicht vor.

Klar ist: «Zum ersten Mal seit 25 Jahren sitzt in Norwegen eine Partei alleine in der Regierung. Mit Blick auf die Wahl im September muss die Europafrage 30 Jahre nach dem Beitritt zum EWR neu gestellt werden. Der bisherige Kompromiss ist jetzt zerbrochen. Da stehen Norwegen spannende Debatten bevor.»

SRF 4 News, 31.01.2025, 07:07 Uhr ; 

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