Iran schiesst Drohnen ab, greift Handelsschiffe an, die USA positionieren Flugzeugträger und Fregatten, man beschimpft sich gegenseitig – das klingt nach Kriegsvorbereitungen. Doch der israelische Diplomat Schimon Stein ist überzeugt: Es handelt sich um das Getöse vor Verhandlungen. Beide Parteien versuchen, sich in eine Position der Stärke zu bringen für den Moment, da die Gespräche beginnen.
In Washington und Teheran habe man erkannt, dass ein Krieg nicht im Interesse des jeweiligen Landes und der jeweiligen Regierung liege, so Stein. Zwar gibt es auf beiden Seiten Schlüsselfiguren, die eine militärische Auseinandersetzung in Kauf nähmen, etwa der US-Aussenminister oder der Sicherheitsberater. Beide streben einen Regimewechsel in Teheran an. Für die Hardliner in Teheran wiederum gehört die abgrundtiefe Feindseligkeit gegenüber Amerika sozusagen zur DNA.
Kritik am aktuellen Atomabkommen
Doch diese Hardliner hätten sich nicht durchgesetzt. Sowohl US-Präsident Donald Trump als auch der geistliche Führer des Iran, Ali Chamenei, gingen davon aus, dass ein US-iranischer Krieg langwierig und bitter wäre, enorme finanzielle und menschliche Opfer fordern würde und den ganzen Nahen Osten in den Abgrund stürzen könnte.
Schimon Stein ist nicht blauäugig. Er war selbst Fallschirmjäger im Sechstagekrieg. Das bisherige und nun angeschlagene Atomabkommen mit dem Iran sieht er kritisch. Nun setzt er aber auf ein viel weitreichenderes und diesmal unbefristetes Abkommen zwischen den beiden verfeindeten Staaten – und hält es gar für realistisch.
Irans Regionalpolitik auf dem Radar
Ein Abkommen, in dem es nicht nur um Atomwaffen gehen würde, sondern auch um das iranische Raketenprogramm und um seine aggressive Regionalpolitik – also darum, wie Teheran sich über Stellvertreter Einfluss verschafft, vom Irak über Syrien und Libanon bis in den Jemen. Im Gegenzug bekäme der Iran Sicherheitsgarantien, eine Nichtangriffszusicherung.
Teheran könnte nachhaltig Einfluss in Afghanistan und im Irak zugesichert werden, wenn er sich dafür aus Syrien, dem Libanon und aus Jemen zurückzöge, so Stein. Ein solches breit abgestütztes Abkommen könnte den ganzen Nahen Osten beruhigen – und am Ende selbst in Jerusalem gutgeheissen werden.
Stein räumt ein: Momentan weigern sich die USA, die Iran-Sanktionen auch nur zu lockern. Und Iran ist nicht bereit, über Raketen und regionalen Einfluss überhaupt zu verhandeln. Doch Krisen schaffen auch Chancen. Und die aktuelle Krise sei derart gefährlich, dass sich beide Seiten bewegen müssten, um eine Katastrophe zu vermeiden – eine Katastrophe, in die man hineinstolpern könnte, wenn der jetzige extrem hohe Spannungszustand anhalte.
Annäherung der spektakulären Art
Deshalb setzt Stein auf einen baldigen Verhandlungsbeginn. Es wäre zu gefährlich, noch Monate oder gar Jahre zu warten. Doch wie könnte die Annäherung beginnen? Normalerweise mit Geheimgesprächen. Für die böte sich der Oman als Vermittler an. Er spielte diese Rolle schon früher.
Der israelische Diplomat vermutet aber, Trump setze auf ein spektakuläres Gipfeltreffen mit der iranischen Führung, um selber im Rampenlicht zu stehen. Die erste gute Gelegenheit naht: Im September, wenn Trump und sein iranischer Amtskollege Hassan Rohani beide für die alljährliche UNO-Generaldebatte in New York sein werden.