Korruption in Bulgarien ist nichts Neues. Doch die aktuellen Schummeleien mit billigen Luxuswohnungen für Politiker zeigen grell, wie tief die Probleme sitzen. Die rechte Hand des Premierministers, die Justizministerin, der Vize-Energieminister, die Vize-Ministerin für Sport, Parlamentsabgeordnete und Bürgermeister sind bereits zurückgetreten.
Präsident Radev: Thema Korruption vernachlässigt
Sie alle sollen luxuriöse Wohnungen gekauft und dafür weit weniger bezahlt haben, als der Markt hergeben würde. Im Zentrum steht die Immobilienfirma GP Group, die in der Hauptstadt Sofia dick im Geschäft ist und viele öffentliche Aufträge bekommt.
Die Politiker sind alle zurückgetreten, aber «Apartment-Gate», wie die bulgarischen Medien den Skandal nennen, ist deshalb noch lange nicht vorbei. Staatspräsident Rumen Radev hat jetzt sogar den nationalen Sicherheitsrat zusammengetrommelt: Die Verantwortlichen in Bulgarien vernachlässigten das Thema Korruption immer noch, sagte er im Anschluss an eine Medienkonferenz.
Mit den Verantwortlichen meint Radev auch den Chef der Antikorruptionsbehörde. Ihm hat Präsident Radev das Vertrauen entzogen. Eigentlich wäre dieser Kämpfer gegen Korruption dafür zuständig, dass die zurückgetretenen Politiker nun ein angemessenes juristisches Nachspiel bekommen.
Nur hat der Korruptionsermittler mit seiner Luxuswohnung offenbar selber getrickst. So gab er in der Steuererklärung an, seine Wohnung sei 200 Quadratmeter gross und habe 150’000 Euro gekostet. «Vergessen» hat er dabei allerdings dass zur Wohnung auch noch eine 200 Quadratmeter grosse Terrasse gehört. Es sei eine gemeine Terrasse, machte er geltend, Dumm nur, dass diese einzig und allein über seine Wohnung zu erreichen ist, wie bulgarische Medien schrieben und dazu auch Fotomaterial veröffentlichten.
Premier Borissow beschwichtigt
Regierungschef Bojko Borissow, in einer anderen Partei als Staatspräsident Radev, sieht in all dem allerdings kein grosses Problem: Die Minister seien wegen ihrer unsauberen Machenschaften ja zurückgetreten. Sie müssten nun mit juristischen Folgen rechnen. Korruption werde ja bestraft in Bulgarien.
Erst letztes Jahr ist ein neues Gesetz gegen Korruption in Kraft getreten, und die Antikorruptionsbehörde hat in ihrer heutigen Form die Arbeit aufgenommen. Für viele Beobachter und für die bulgarische Opposition ist nach «Apartmentgate» nun aber klar: Der Kampf gegen Korruption funktioniert immer noch nicht.
Geld aus Brüssel – und aus der Schweiz
Auch die Bevölkerung hat genug. Mitten im Wahlkampf vor den Europawahlen im Mai verliert die Partei von Regierungschef Borissow Zustimmung und ihr Vertrauen, wie Umfragen zeigen. Bulgarien ist nicht nur EU-Mitglied und bekommt viel Geld aus Brüssel. Das Land soll künftig auch aus der Schweiz mehr Geld erhalten, zumindest im Verhältnis zu anderen osteuropäischen Ländern. Und zwar aus der so genannten Kohäsionsmilliarde.