Das Wichtigste in Kürze
- Die Offensive der syrischen Armee auf den Osten Aleppos dauert an.
- Nach Angaben von Beobachtern sind seit Beginn der Angriffe etwa 500 Zivilisten ums Leben gekommen – die meisten von ihnen in den von Rebellen gehaltenen Gebieten.
- In den seit Monaten blockierten Rebellengebieten fehlt es nach Angaben von Helfern an allem: medizinischer Versorgung, Wasser und Nahrung.
Nach Angaben der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte kamen seit Beginn der Armeeoffensive fast 500 Menschen ums Leben. Die meisten seien bei Luftangriffen oder durch heftigen Artilleriebeschuss der Armee getötet worden. 114 Menschen starben demnach bei Angriffen der Rebellen auf Stadtviertel, die von der Regierung oder von kurdischen Einheiten kontrolliert werden.
Armee rückt weiter vor
Die syrische Armee und verbündete Milizen hatten Mitte November eine Offensive auf den von Rebellen gehaltenen Ostteil Aleppos begonnen. Mittlerweile haben sie rund 80 Prozent des bisherigen Rebellengebietes erobert.
Aleppo ist seit Jahren umkämpft. Bilder aus der Stadt lassen die enorme Zerstörung erahnen. Zehntausende Menschen sind vor den Kämpfen und Bombardierungen geflohen. Rebellen wiederum beschossen mehrmals Aleppos Westen, der von der Regierung beherrscht wird.
«Wir haben so viel Leid gesehen»
Da die Rebellengebiete seit Anfang September von der Armee blockiert werden, herrscht dort akuter Mangel an Trinkwasser, Lebensmitteln und medizinischer Versorgung.
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz konnte in der Nacht auf Donnerstag nach eigenen Angaben erstmals Kranke und Zivilisten in grösserer Zahl aus dem Ostteil der Stadt bringen. Demnach wurden rund 150
Menschen aus einem Krankenhaus in der Altstadt in den von Truppen des Präsidenten Baschar al Assad beherrschten Osten der Millionenstadt gebracht werden.
Diese Menschen hätten seit Tagen das Krankenhaus angesichts
der schweren Kämpfe nicht mehr verlassen können. Nachdem Regierungstruppen das Hospital Dar Al-Safaa erobert hätten, seien die Patienten in drei Krankenhäuser im Westen der Metropole und in Flüchtlingslager verlegt worden. «Wir haben heute Abend so viel Leid gesehen», twitterte das IKRK. Die Menschen hätten seit einer Woche kein Essen bekommen.
Die Hilfsorganisation Save the Children warnte, zehntausende Kinder in Ost-Aleppo seien zu Zielen geworden. Menschen liefen praktisch nur noch mit ihren Kleidern am Leib durch die Strassen liefen, berichtet die Organisation unter Berufung auf Augenzeugen vor Ort. «Es gibt nur noch wenig medizinische Hilfe und sehr wenige Vorräte. Nahrung ist gefährlich knapp.»
«Dieser SOS-Ruf könnte der letzte sein»
Ein Aktivist aus Ost-Aleppo berichtete, es gebe nur noch verschmutztes Wasser aus Brunnen sowie alle zwei Tage Reis und Brot. Der Leiter der forensischen Abteilung in den Rebellengebieten, Mohammed Abu Dschaafar, forderte die internationale Gemeinschaft auf, die «Massaker» in Aleppo zu stoppen. «Dieser SOS-Ruf könnte der letzte sein», sagte er in einer Audiobotschaft. «Aleppo ist zerstört. Die Stadt ist fast tot und stösst ihre letzten Atemzüge aus.»