Es gibt eine Schnulze, die die Kämpfer der Sondereinheit «Wagner» besingt. «Wagner» ist eine Truppe, die es offiziell gar nicht gibt, von der aber russische Journalisten und Friedensaktivisten ein ziemlich gutes Bild haben. 2500 Mann soll «Wagner» mindestens umfassen, manche Quellen sprechen von bis zu 6000 Personen.
Unter Mörser-Beschuss sind wir vorgerückt – am Schluss haben wir Palmyra dann doch erobert
Die Melodie des Liedes ist ziemlich süss, martialisch aber der Text. «Unter Mörser-Beschuss sind wir vorgerückt – am Schluss haben wir Palmyra dann doch erobert», singt ein unbekannter Sänger in diesem Lied, das im Internet kursiert. Gewidmet ist der Song den «Soldaten des Glücks». So werden die Söldner genannt. So klingt Kriegsromantik auf Russisch.
Ausbildung in Südrussland
Ruslan Leviev von der Nichtregierungsorganisation Conflict Intelligence Team sagt: «Ihre Ausbildung erhalten die Söldner auf einer Basis des Militärgeheimdienstes GRU in Südrussland. Sie werden von der russischen Armee bewaffnet und mit Flugzeugen des Verteidigungsministeriums nach Syrien gebracht.»
Eingesetzt werden die «Wagner»-Söldner in den härtesten Kämpfen des syrischen Schlachtfeldes. Sie sollen etwa bei der Erstürmung der Wüstenstadt Palmyra ganz vorne dabei gewesen sein.
Aktivist Leviev erzählt: «Die russische Führung dachte wohl zuerst, man könne die Terrormiliz IS alleine mit der Luftwaffe und der syrischen Armee besiegen. Dann stellte sich aber heraus, dass es Bodentruppen braucht. Und da kamen die russischen Söldner ins Spiel.» Diese kämpften oft an vorderster Front und erlittenen entsprechend hohe Verluste.
Viel Geld für die Söldner
Die Erkenntnisse von Ruslan Leviev decken sich mit dem, was die St. Petersburger Fontanka recherchiert hat. Ein Reporter dieser Online-Zeitung hat umfangreiches Material über «Wagner» zugespielt bekommen.
Die Söldner der Gruppe «Wagner» haben offiziell mit der russischen Armee nichts zu tun. Deswegen muss das Verteidigungsminsiterium gefallene Kämpfer nicht melden. Die Statistik russischer Verluste in Syrien sieht dadurch besser aus.
Die Kämpfer verdienen umgerechnet rund 3000 Franken. Das ist für russische Verhältnisse sehr viel Geld. Fontanka-Chefredaktor Alexander Gorkov erklärt, warum Russland in Syrien Söldner einsetzt. «Die Söldner der Gruppe ‹Wagner› haben offiziell mit der russischen Armee nichts zu tun. Deswegen muss das Verteidigungsministerium gefallene ‹Wagner›-Kämpfer auch nicht melden. Die Statistik russischer Verluste in Syrien sieht dadurch besser aus.»
Für den Kreml ist es enorm wichtig, den Syrien-Einsatz als Erfolgsgeschichte verkaufen zu können. Zu viele tote russische Soldaten würden in der Heimat zu Unruhe führen. Vielen Russen erschliesst sich nämlich bis heute nicht, warum die Armee im fernen Syrien kämpft.
Kriegsname des Gründers: Wagner
Da leistet die Söldner-Truppe «Wagner» gute Dienste. Gegründet worden ist sie von Dmitri Utkin, einem ehemaligen Oberstleutnant der russischen Armee. Sein Nom de Guerre ist Wagner, und daher rührt auch die Bezeichnung für seine Privateinheit. Finanziert wird die Gruppe «Wagner» mutmasslich von einem kremlnahen Oligarchen, möglicherweise auch mit Geldern aus geheimen Kassen des Staatsbudgets.
Die russische Regierung freilich bestreitet die Existenz der «Wagner»-Truppe und erst recht jede Zusammenarbeit mit der Armee. Es ist eine Art verdeckte Kriegsführung. Fontaka-Chefredaktor Gorkov verdeutlicht: «In Russland ist Söldnertum per Gesetz verboten. Diese Leute erhalten Waffen und nehmen an einem Krieg teil, ohne dass man weiss, was sie für einen rechtlichen Status haben. Das macht sie sehr abhängig vom guten Willen ihrer Auftraggeber.»
«Wagner»-Söldner sollen umgebracht worden sein
Tatsächlich haben die «Wagner»-Söldner im Notfall schlechte Karten. Die Terrormiliz IS veröffentlichte Anfang Oktober ein Video, auf dem zwei russische Männer zu sehen sind. Verwandte und Freunde in Russland erkannten die beiden. Es stellte sich heraus, dass sie für die Gruppe «Wagner» nach Syrien gegangen waren und bei einem Gefecht in die Hände der IS fielen.
Auf den Fall angesprochen, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow kühl, man müsse erst einmal abklären, ob es sich bei den Männern überhaupt um russische Bürger handle. Inzwischen sollen die beiden Männer vom IS umgebracht worden sein.