Nach den Raketen in Syrien ist nun die Politik wieder am Zug. Von Verhandlungen, sogar von einem Friedensplan ist die Rede. Es soll bei dem Vorhaben darum gehen, die C-Waffen in Syrien zu beseitigen, diesmal endgültig; ausserdem um eine breit abgestützte Waffenruhe; um freien Zugang für humanitäre Helfer jederzeit und überall. Und um Gespräche für eine politische Lösung im Bürgerkriegsland.
Doch verhandelt wird seit Jahren. Erfolglos. Friedenspläne wurden immer wieder gefordert. Der Syrien-Friedensprozess der UNO dümpelt in Genf seit Jahren auf frustrierende Art und Weise vor sich hin. Ein von Russland und dem Iran ins Leben gerufener Astana-Prozess kam ebenfalls nie wirklich zum Fliegen.
Player mit unterschiedlichen Interessen
Das Problem im Syrien-Konflikt ist nicht, dass es keine geeigneten Foren gibt, keine Bemühungen für Friedensgespräche oder keine Vermittler. Das Problem ist, dass bei zentralen Akteuren der Friedenswille fehlt. Allen voran bei der Regierung von Baschar al-Assad.
Nachdem sie dank ihren Unterstützern Iran und Russland militärisch wieder Oberwasser hat, ist der einzige Friede, den sie sich vorstellen kann, ein Friede ohne jegliche Kompromisse. Im Grunde eine Rückkehr zum Zustand vor dem Ausbruch des Syrien-Kriegs, als das ganze Land vom autoritären Assad-Regime regiert wurde und es für Opposition, Demokratie und Menschenrechte keinen Platz gab. Hunderttausende von Opfern wären also für rein gar nichts gestorben.
Wie sehr die Machthaber in Damaskus verhandlungsunwillig sind, bekommen sogar deren russische Freunde zu spüren. Wenn die Emissäre des Kremls Assad sanft zu Kompromissen drängen, pflegt dieser neuerdings klarzumachen, es brauche aus seiner Sicht kein Nachgeben und keine Verhandlungen. Man habe ja militärisch gesiegt und werde bald auch noch die letzten Rebellengebiete zurückerobert haben. Wieso also Friedenspläne? Gespräche?
Auch der Iran, Assads Hauptunterstützer, scheint mit dem Status quo gut leben zu können. Syrien unter iranischer Fuchtel und so mit einem direkten Verbindungsweg zu Irans wichtigstem Satelliten, der schiitischen Hisbollah im Libanon. Und ausserdem die Möglichkeit, die Israeli massiv zu ärgern mit iranischer Militärpräsenz nicht weit von der israelischen Grenze entfernt.
Der Westen im Abseits
Russland hingegen dürfte eine weitere Eskalation scheuen – deshalb die zahme Reaktion auf die jüngsten amerikanisch-britisch-französischen Militärschläge gegen Chemiewaffen-Installationen in Syrien. Für Moskau ist nicht entscheidend, ob Assad als Person und seine Entourage an der Macht bleibt. Es will dort eine pro-russische, keinesfalls eine pro-westliche Regierung. Und Russland will seine inzwischen ausgebauten Militärbasen behalten.
Und vor allem will Moskau bei einem Friedensschluss die Schlüsselrolle spielen – das verlangt die russische Grossmachtambition. Solange jedoch all das nicht garantiert ist, wird Russland Assad nicht fallenlassen.
Die Türkei wiederum will jegliche autonomen Kurdengebiete an seiner Grenze verhindern – und das auch mit militärischen Mitteln. Solange dieses Ziel nicht erreicht ist, ist die Türkei für eine umfassende Waffenruhe in Syrien nicht zu haben.
Die USA im Speziellen und der Westen insgesamt haben schlechte Karten, einen Frieden nach ihrem Gusto durchzusetzen. Zu gering ist ihr Einfluss auf die relevanten Kräfte in Syrien. Und zu unklar ihre Strategie. Friedenspläne vorschlagen ist das eine – Friedenspläne durchsetzen das andere. Dem Westen fehlt schlicht der Wille, ausreichend Machtmittel einzusetzen, um das zu tun.
Die Chancen für einen Neuanfang und für eine Friedenslösung in Syrien, ja nur schon für einen einigermassen aussichtsreichen Friedensprozess, stehen also weiterhin schlecht. Ebenso klar ist aber: Mehr militärische Mittel einzusetzen, ist ebenfalls keine Alternative.
Punktuelle Attacken zur Bestrafung von Chemiewaffen-Angriffen mögen in der westlichen Öffentlichkeit gerade noch akzeptiert werden. Ein nachhaltiges, grosses und riskantes militärisches Engagement in Syrien jedoch würde definitiv nicht goutiert. Und würde kein Problem lösen.
Bleibt also für den Westen, Frieden zumindest zu fordern. Und sich dafür kritisieren zu lassen, dass man das nicht längst erreicht hat. Als ob das so einfach wäre.