Dass sich Jugendliche dann und wann verhauen, das gab es schon immer. Doch die ultragewalttätigen Jugendlichen, die sich in Paris und der Banlieue aus nichtigen Anlässen regelrechte Bandenkriege liefern, haben mit den Halbstarken der 1950er-Jahre gar nichts mehr gemein. Geprügelt wird fast jeden Abend.
In der Nacht auf Mittwoch, Boulevard Mortier im Osten von Paris, prügeln gut 30 Jugendliche aufeinander ein. Am Ende bleibt ein 16-Jähriger mit Stichverletzungen im Bauch liegen und stirbt.
Am Samstag zuvor war es ein 13-Jähriger, der auf der anderen Seite der Ringautobahn von einer verfeindeten Bande mit Eisenstangen totgeschlagen wurde.
Immer jünger, immer gewalttätiger
In den prekären Aussenquartieren häufen sich die Auseinandersetzungen mit immer jüngeren und immer gewalttätigeren Jugendlichen. Die Regierung ist alarmiert. Innenminister Christophe Castaner spricht von einer unerträglichen Situation: «Der Platz der Jungen ist in der Schule, im Gymnasium, an der Uni, nicht auf der Strasse um 2 Uhr früh. Sie sollten nicht solch schrecklichen Gewaltszenen ausgesetzt sein, die hier alltäglich werden.»
Der Platz der Jungen ist in der Schule, im Gymnasium, an der Uni, nicht auf der Strasse um 2 Uhr früh.
Handyfilme, die im Netz kursieren, sind nur schwer zu ertragen. Die Brutalität rivalisierender Banden kennt kaum Grenzen. Junge, die mit Baseballschlägern, Eisenstangen, mit Rasierklingen und Messern aufeinander losgehen. Wie konnte es so weit kommen? Für den Soziologen Michel Fize liegt es an den Eltern, die gesellschaftliche Werte nicht weiterzugeben wissen.
Wenn man mit den Kindern nicht über Respekt und Toleranz spricht, dann können diese sich auch nicht benehmen.
«Wenn man mit den Kindern nicht über Respekt und Toleranz spricht, dann können diese sich auch nicht benehmen. Dazu kommt die wirtschaftliche Krise, die Schulschwäche vieler, die in den armen Aussenquartieren wohnen. Das gibt einen explosiven Cocktail.»
Diesen zu entschärfen, dafür werde nicht genug getan, sind sich Sozialdienste und Elternvereine einig. «Ein Junger, der sich langweilt, macht Dummheiten. Man muss ihn begleiten. In diesem Quartier gibt es nichts für die Jungen», sagt Sadio Mbaye, Mitbegründerin Verein Les Mères en Place.
Der Aktionsplan des Innenministers gegen Bandenkriege setzt indes zuerst auf neue Ansprechpartner in den Polizeiposten und auf die Identifikation der gegen 50 Jugendbanden in und um Paris.