Das Europäische Parlament hat sich mit grosser Mehrheit hinter das Strafverfahren gestellt, das die polnische Regierung zur Rücknahme ihrer umstrittenen Justizreformen bewegen soll. Eine entsprechende Resolution wurde in Brüssel mit 422:147 Stimmen angenommen.
Die Abgeordneten forderten die Regierungen der anderen EU-Staaten zudem auf, das von der EU-Kommission eingeleitete Verfahren nach Artikel 7 des EU-Vertrags schnell voranzutreiben. Dieses könnte im letzten Schritt sogar mit einem Entzug des Stimmrechts bei Abstimmungen im EU-Ministerrat enden.
Das von der EU-Kommission im Dezember eingeleitete Strafverfahren sieht vor, dass zunächst offiziell festgestellt wird, dass in Polen die «eindeutige Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung» von EU-Werten besteht. Dafür ist im Rat der Mitgliedstaaten eine Vier-Fünftel-Mehrheit erforderlich. Konkret müssen dieser Feststellung 22 von 28 Ländern zustimmen.
Es droht der Stimmrechtsentzug
Am Ende des Verfahrens könnte Polen dann wegen einer «schwerwiegenden und anhaltenden Verletzung» von europäischen Werten das Stimmrecht entzogen werden – falls alle EU-Mitgliedsländer dafür stimmen. «Bis dahin ist es allerdings noch ein weiter Weg», sagt SRF-Korrespondent Oliver Washington in Brüssel. Denn bereits hat Ungarns Premierminister Viktor Orban angekündigt, gegen einen solchen Antrag stimmen zu wollen.
Die erste Abstimmung soll frühestens im April erfolgen. Bis Ende März will die EU-Kommission noch versuchen, die polnische Regierung zu Gesprächen über eine Überarbeitung der Reformen zu bringen. Bislang lehnt diese Änderungen ab.