Wer im Netz surft, schnappt verschiedene Behauptungen über Corona-Impfungen auf. Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) hat die vier gängigsten Gerüchte geprüft.
1. Corona-Impfstoffe machen unfruchtbar
Bewertung: falsch.
Menschen, die das behaupten, verweisen auf die vermeintliche Ähnlichkeit zwischen dem Spike-Protein des Coronavirus, mit dem der Erreger an menschliche Zellen andockt, und dem körpereigenen Protein namens Syncytin-1.
Bei gebärfähigen Frauen ist Syncytin-1 etwa für die Bildung der Plazenta verantwortlich, über die der Nachwuchs in der Gebärmutter mit Nährstoffen versorgt wird. Die These: Eine Immunabwehr gegen das Corona-Spike-Protein weite sich auch auf Syncytin-1 aus und verhindere so die Bildung der Plazenta.
Es gebe jedoch überhaupt keine besondere Ähnlichkeit zwischen den beiden Proteinen, so «dass eine Kreuzreaktion des Impfstoffs im Grunde unmöglich ist», sagt die Leiterin der Forschungsgruppe Biochemie und Bioorganische Chemie an der Universität Leipzig, Annette Beck-Sickinger.
2. Eine MRNA-Impfung führt zu Genveränderungen
Bewertung: Das ist ausgeschlossen
Bisherige Impfstoffe beinhalten meist abgetötete oder geschwächte Viren oder Teile davon. Die Corona-Mittel von Biontech und Moderna funktionieren anders, nämlich erstmals über die sogenannte mRNA.
Dabei werden keine abgetöteten Sars-CoV-2-Erreger injiziert, sondern nur die Bauanleitung für einen Bestandteil des Virus – das Botenmolekül mRNA. Auf dieser Grundlage stellen die Körperzellen Teile des Viren-Hüllproteins (Spike-Protein) selbst her. Gegen dieses wiederum entwickelt das Immunsystem nun bestimmte Faktoren, sodass es bei einem späteren Kontakt mit dem Coronavirus die Struktur des Proteins wiedererkennen und den Erreger gezielt abwehren kann.
Die Informationen der RNA können dabei nicht in die menschliche DNA eingebaut werden. Das verhindert schon die unterschiedliche chemische Struktur beider. Zudem erreicht die mit der Impfung aufgenommene mRNA gar nicht die Zellkerne, in denen das Erbgut in Form von DNA lagert.
3. Sechs Menschen starben am Biontech-Impfstoff
Bewertung: falsch.
An der Phase-3-Studie von Biontech nahmen 43'448 Menschen teil. Im Studienzeitraum zwischen Ende April und Mitte November 2020 starben sechs der Teilnehmer – allerdings nicht an der Impfung.
«Alle Todesfälle stellen Ereignisse dar, die in der allgemeinen Bevölkerung der Altersgruppen, in denen sie auftraten, mit einer ähnlichen Rate vorkommen», schreibt die für die US-Zulassung des Präparats zuständige Behörde FDA. «Keinen Zusammenhang» der Fälle mit der Impfstudie sieht auch die europäische Zulassungsbehörde EMA: «Andere Vorerkrankungen waren eher die Todesursache.»
4. Schnelle Zulassung macht den Impfstoff unsicher
Bewertung: falsch.
Anders als etwa in den USA gab es in der EU und in der Schweiz keine Notfallzulassung. Hier setzt man stattdessen auf eine bedingte Marktzulassung. Der Unterschied: Bei einer bedingten Marktzulassung wird umfassender geprüft und die Hersteller tragen mehr Verantwortung für die Sicherheit des Medikaments.
Angesicht der Pandemie-Lage wurde der Zulassungsprozess für die Corona-Impfstoffe allerdings beschleunigt – es gilt ein sogenanntes Rolling-Review-Verfahren. Dabei können Arzneimittelhersteller schon vor dem vollständigen Zulassungsantrag einzelne Berichte über die Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit ihres Präparats einreichen statt erst am Schluss. Das macht das Verfahren schneller, aber nicht unsicherer.