Es ist Viertel vor acht Uhr morgens auf dem Ziegenmarkt in Limuru. Gladwin Ngina und sein Cousin Dennis Kimani sind in der Früh eigens von der Hauptstadt Nairobi ins benachbarte Städtchen gefahren, um ihre Ziege fürs Weihnachtsessen zu kaufen.
Die beiden Männer in ihren Dreissigern begutachten die Ziegen. «Zuallererst schaue ich mir die Zähne an. Daran sieht man, dass die Ziege nicht sehr alt ist. Und dann hier, am Hinterteil, spürt man, wie fett sie ist.» Die Ziege sollte weder sehr fett sein noch gar kein Fett haben, erklären die beiden. Die Cousins sind sich einig: «Das hier ist die perfekte Ziege!», sagt Gladwin Ngina.
Gesagt gekauft, also? Der Marktpreis ist zu hoch. Wegen Weihnachten kostet die Ziege fast doppelt so viel wie sonst. 7000 Kenia-Schilling wären die beiden Männer bereit zu bezahlen. Das sind rund 60 Franken. Der Verkäufer will aber mehr als 100 Franken für die Ziege. So kehren die beiden wieder in die Hauptstadt zurück. Eine Stunde Autofahrt. Denn ohne Ziege können sie am Familienfest nicht aufkreuzen.
«Mbuzi muss sein an Weihnachten», erklärt Gladwin Ngina, der seinen Lebensunterhalt als Fahrer verdient, auf der Rückfahrt nach Nairobi. «Die einzigen Weihnachten ohne Mbuzi, an die ich mich in meinem ganzen Leben erinnern kann, waren letztes Jahr, weil alles geschlossen war wegen Covid.»
«Mbuzi» als Symbol der Einigkeit
Mbuzi, die Ziege, die meist erst gekocht und dann gegrillt wird, von der jeder Körperteil ausser das Fell gegessen wird, hat eine wichtige kulinarische und kulturelle Bedeutung in Kenia: Das Fleisch ist süsser als das der Kuh, und wenn immer eine Familie ein Mbuzi zusammen isst, bedeutet das Einigkeit in der Familie.
Angekommen am Kiamaiko-Markt in Nairobi steuern die beiden Cousins direkt auf das Schlachthaus zu. An Haken hängen Dutzende bereits geschlachtete und gehäutete Ziegen. Dieses Mal entspricht der Preis eher den Vorstellungen der zwei. Nun wird verhandelt. Und das ist Cousin Dennis Kimanis Aufgabe.
Nach rund einer halben Stunde im Schlachthaus ist die Geiss gekauft, geviertelt und eingepackt. Zweieinhalb Stunden haben die Männer dafür aufgewendet, sind fast 80 Kilometer dafür gefahren. Ziemlich viel Aufwand, findet auch Dennis Kimani. Aber es mache auch Spass. Und nun könne Weihnachten kommen.