Thabang Moloi ist ein bekannter Quartieraktivist in Soweto und kämpft gegen den Diebstahl der Kupferkabel. Er stapft über ein mit Abfall übersätes Feld bis zu einem tiefen Graben, der sich nicht weit entfernt von der Hauptstrasse über mehrere Meter erstreckt.
«Seht ihr, das ist ein frischer Graben, da lag ein Kabel, das Strom leitete, es wurde wahrscheinlich vor zwei Tagen ausgegraben», seufzt er und sagt, dass beinahe täglich Kupferkabel gestohlen würden.
18’000 Kilometer unterirdische Kupferkabel in Johannesburg
Die Stromleitungen Südafrikas bestehen in der Regel aus Kupfer, allein in Johannesburg sind rund 18’000 Kilometer vergraben. Sie waren dank hoher Kupferpreise schon immer ein Objekt der Begierde, doch dieses Jahr explodierte die Zahl der Diebstähle und die damit verbundene Gewalt. Die Banden sind organisiert und mit Maschinengewehren bewaffnet. Das staatliche Elektrizitätswerk Eskom verliert jährlich schätzungsweise Kabel im Wert von 60 Millionen Franken.
Quartieraktivist Thabang Moloi ist überzeugt, dass die Diebe Tipps von Angestellten von Eskom erhalten und dass ein weitverzweigtes Syndikat am Werk ist. «Ich bin in Soweto geboren, doch ich weiss nicht, wo diese Kabel durchlaufen. Die Diebe hingegen wissen Bescheid. Irgendjemand muss ihnen ja die Informationen zuspielen.» Tatsache ist: Immer wieder sind Beamte von Eskom wegen Korruption und Diebstahl verurteilt worden.
Jede Nacht auf Patrouille gegen Kabeldiebe
Die Regierung anerkennt das Problem, doch überzeugende Lösungen hat sie bis anhin nicht präsentiert. Dass der Export von Altmetall verboten werden soll – denn so gelangt das gestohlene Kupfer ins Ausland –, ist wirtschaftlich nicht sinnvoll. Gestohlene Kupferkabel durch solche aus Aluminium zu ersetzen, ist ein Ansatz, der ausprobiert wird. Doch die Bevölkerung in Soweto hat genug. Sie will Resultate sehen und nicht länger im Dunkeln sitzen.
Die Anwohnerin Fikile Mzolo sagt, dass es insbesondere für Frauen gefährlich geworden sei. «Es funktioniert kein Strassenlicht, es ist absolut dunkel, etliche Frauen werden vergewaltigt, es treiben sich ständig zwielichtige Gestalten herum.» Darum wartet die Bevölkerung nicht länger auf den Staat, sondern hat nächtliche Patrouillen organisiert, die Orte kontrollieren, wo kürzlich neue Kabel verlegt worden sind.
Was bleibt uns anderes übrig, wir müssen an die Gemeinschaft denken und sicherstellen, dass sie Strom hat.
Diese Männer arbeiten mit der Polizei zusammen und erhielten ein Auto mit Strobolicht. Im Unterschied zu den Diebesbanden sind sie jedoch nicht bewaffnet, sie suchen das Gelände in der stockfinsteren Nacht mit den kleinen Lichtern ihrer Handys ab.
Angst haben sie alle, doch das Pflichtbewusstsein ist grösser. «Was bleibt uns anderes übrig, wir müssen an die Gemeinschaft denken und sicherstellen, dass sie Strom hat», sagt einer der Männer, während er mit seinen Kollegen ein Feld inspiziert, wo soeben ein neues Kabel verlegt worden ist.
Um sicherzustellen, dass es nicht gleich wieder gestohlen wird, haben sie Geld für einen Bagger gesammelt, der Felsbrocken oberhalb des Kabelverlaufs deponierte. Andere Lösungen als ihre Patrouillen sehen sie nicht. Dass das kürzlich erhöhte Strafmass für Kupferdiebstahl auf bis zu 15 Jahre Haft etwas bewirken wird, bezweifeln alle.
Und der Staat, der eigentlich für die Infrastruktur zuständig ist? «Auf die Regierung warten wir schon lange nicht mehr. Wir haben die Hoffnung in sie verloren», sagt Quartieraktivist Thabang Moloi.